Insulin glargin: Verdacht auf Krebsrisiko vom Tisch

Drei große Kohortenstudien sowie eine prospektive Interventionsstudie zeigen unisono: Eine mittel- bis langfristige Therapie mit dem Basalinsulin Insulin glargin erhöht nicht das Risiko für Malignome.

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Lantus: vor drei Jahren groß in den Schlagzeilen.

Lantus: vor drei Jahren groß in den Schlagzeilen.

© dpa

PHILADELPHIA (DE). "Insulinanalogon Glargin steigert möglicherweise das Krebsrisiko" - mit dieser Schlagzeile sorgte das IQWIG 2009 für Aufregung.

Grundlage für die Mitteilung waren methodisch sehr umstrittene Ergebnisse einer Registerstudie.

Sie standen schon damals im Widerspruch zu langfristigen Daten aus prospektiven Studien. Als Konsequenz wurde dennoch von wissenschaftlichen Gesellschaften und Behörden gefordert, dem Krebsverdacht sicherheitshalber nachzugehen.

Dieser Aufgabe ist der Hersteller nachgekommen. Auf der Jahrestagung der American Diabetes Association (ADA) 2012 wurden jetzt die Ergebnisse von gleich drei großen Kohortenstudien zu dieser Fragestellung vorgestellt.

Krebsrisiko nicht höher als bei anderen Insulinen

Die größte Studie war die "Northern European Database Study". Sie beobachtete 448.000 Insulin-Patienten im Schnitt 3,1 Jahre lang, so dass 1,5 Millionen Patientenjahre überblickt wurden. 17.800 Patienten erkrankten in diesem Zeitraum an Krebs.

Nach den Worten von Studienautor Professor Peter Boyle, Präsident des Internationalen Präventions-Forschungs-Instituts in Lyon, fand sich für keine Krebsart ein Hinweis, dass Glargin das Erkrankungsrisiko erhöht: Weder für Brustkrebs, noch für Prostatakrebs oder Darmkrebs, und auch nicht für Krebs allgemein.

Zu den gleichen Ergebnissen kamen zwei Studien aus den USA mit 115.000 Patienten bzw. 52.000 Patienten mit allerdings für die Fragestellung recht kurzer medianen Laufzeit von 1,2 Jahren.

Auch in diesen beiden Studien wurden die Krebsinzidenzen verglichen zwischen Glargin und anderen Insulinen. Ergebnis: Exakt gleiche Inzidenzen für Brust-, Prostata- und Darmkrebs, sowie für alle Krebsarten zusammengenommen.

Die Autoren der drei Studien ziehen ein ähnliches Fazit: "Unsere Ergebnisse liefern weitere Evidenz, dass Insulin Glargin das Krebsrisiko nicht erhöht", bilanzierte Boyle.

Auch in prospektiver Studie kein erhöhtes Risiko

Bestätigt werden diese Befunde durch die ebenfalls beim ADA-Jahreskongress publizierte prospektive ORIGIN-Studie (Outcome Reduction with an Initial Glargine Intervention Study).

Die Studie verglich bei 12.500 Patienten in frühen Diabetes-Stadien mit zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren eine Glargin-Therapie mit einer Standardbehandlung ohne Insulin.

Während der im Median 6,2 Jahre lang dauernden Studie traten unter Glargin 476 und in der Kontrollgruppe 477 Krebserkrankungen auf - absolut kein Unterschied.

"Wir sehen hier gar keine Unterschiede in der Krebsinzidenz für irgendeine Krebsart, zumindest mittelfristig über im Schnitt 6,2 Jahre", resümierte Studienautor Hertzel Gerstein, Professor für Endokrinologie an der MacMaster University in Hamilton/Kanada.

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