Versorgungsforschung deckt Nutzen von Therapien auf

BERLIN (gvg). Ärzte vom Institut für Herzinfarktforschung haben für mehr Engagement bei der Versorgungsforschung plädiert. Nur so könne der Nutzen von Therapien sinnvoll untersucht werden.

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Das Institut in Ludwigshafen engagiert sich seit 1992 in diesem Bereich. Unter anderem hat es kardiologische Register wie MITRA koordiniert, das viele Daten zur Versorgung von Patienten mit akutem Koronarsyndrom in Deutschland geliefert hat.

Vor allem drei Dinge konnten die Experten im MITRA-Register und in anderen Registern immer wieder belegen. "Zum einen gibt es das mittlerweile gut bekannte Phänomen der Risikoselektion", sagte Institutsleiter Professor Jochen Senges bei einer von Novartis unterstützten Veranstaltung.

Es besagt, dass mehr Hochrisikopatienten existieren als an kontrollierten klinischen Studien teilnehmen. Am Beispiel des akuten Herzinfarkts stellt sich das so dar: Während die Kliniksterberate in randomisiert-kontrollierten Herzinfarktstudien im Mittel bei sechs Prozent liegt, war sie im MITRA-Register - und damit in der Realität - doppelt so hoch. Das heißt: Die Ergebnisse randomisiert-kontrollierter Studien sind für Patienten mit stark erhöhtem kardiovaskulärem Risiko nur bedingt aussagekräftig.

"Das zweite wichtige Phänomen, das wir in vielen kardiologischen Registern demonstrieren konnten, ist das des Risikoprofits", so Senges. Das besagt, dass Patienten mit hohem Risiko von einer therapeutischen Maßnahme überdurchschnittlich stark profitieren. Auch das zeigte MITRA für den Vergleich zwischen Lysetherapie und Akut-PTCA beim Myokardinfarkt: Von Patienten mit niedrigem Risiko müssen 135 eine Akut-PTCA erhalten, um im Vergleich zur Lysetherapie ein Leben zu retten. Bei hohem Risiko waren es nur acht.

Drittens gibt es schließlich noch das "Risikoparadox": Risikopatienten erhalten trotz potenziell höherem Nutzen seltener die optimale Therapie. Auch das lasse sich beim Herzinfarkt gut zeigen, so Senges.

Im neuen Projekt, dem mit dem Unternehmen realisierten Triple-A-Register, bearbeiten die Forscher das Thema Hypertonie. Er gehe davon aus, dass es dabei dieselben Phänomene gebe, so Senges. Das Triple-A-Register ist ein Forschungsprojekt, das die Einführung des Reninhemmers Aliskiren (Rasilez®) begleitet. Es sollen 15 000 Patienten aus über 500 Praxen teilnehmen. Ergebnisse werden Herbst 2010 erwartet.

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