Dissens um Zusatzeffekt von Antihypertensiva?

WIESBADEN (kat). Wie wichtig sind pleiotrope Effekte für die Auswahl eines Antihypertensivums? Oder geht es nur darum, den Blutdruck effektiv zu senken? Diese beiden Fragen waren Schwerpunkt einer Diskussion um die Behandlung von Hochdruck-Patienten.

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Aus vielen Studien gibt es Hinweise, daß verschiedenen Substanzklassen in der antihypertensiven Therapie bestimmte zusätzliche Effekte zuzuordnen sind. So schreibt man zum Beispiel ACE-Hemmern und AT1-Blockern einen stärkeren positiven Einfluß auf die linksventrikuläre Hypertrophie zu. Auch ein verringertes Auftreten von Diabetes mellitus sowie eine stärkere Reduktion der Apoplexierate sind für den AT1-Blocker Losartan (Lorzaar®) beschrieben.

In seinem Plädoyer, daß es in der Hypertonietherapie primär um die Blutdrucksenkung geht, stellte Professor Rainer Düsing von der Universitätsklinik Bonn die Bedeutung pleiotroper Effekte in Frage. Grundsätzlich hätten epidemiologische Studien ja ergeben, daß die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität mit der Höhe des Blutdrucks korreliert.

Und: Werden Patienten wegen dieses Risikofaktors effektiv behandelt, sinken Mortalitäts- und Morbiditätsraten. Somit mache es Sinn, ein Antihypertensivum nach seiner blutdrucksenkenden Kapazität zu wählen.

Bei Vergleichsstudien mit mehreren Substanzklassen sei schnell die Rede von Zusatz-Effekten, um Unterschiede bei intermediären Endpunkten zu erklären. Dies hält Düsing für nicht gerechtfertigt. Erst wenn die Compliance und Blutdruckunterschiede viel genauer aufgezeichnet würden und deren Konstanz gesichert sei, sei diese Spekulation zulässig.

Daß eine effektive Blutdrucksenkung zweifellos wichtig sei, stellte auch Professor Michael Böhm vom Universitätsklinikum Homburg/Saar fest. Die pleiotropen Effekte seien es aber auch. Dies zeigt sich nach Aussagen des Kardiologen in der Praxis bereits daran, daß die Wahl der Medikation unter Berücksichtigung der Komorbiditäten der Patienten und der weiteren Risikofaktoren erfolgt. Das Ausnutzen von pleiotropen Effekten sei wichtig, um Endorgane gezielt und differenziert schützen zu können.

In Zeiten leerer Kassen verspricht man sich Kostenersparnis durch Versorgungsforschung und eine Vereinheitlichung der Therapie. Grad der Blutdrucksenkung und Kosten des Medikaments zählen. Böhm hielt dagegen, daß bei einer optimal individualisierten Therapie eine bessere Blutdrucksenkung möglich sei, was auch Kosten sparen würde.

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