Nephrologischer Schlagabtausch I

Weniger Zuspruch zur renalen Denervierung

Auf ihrem Kongress wagen die deutschen Nephrologen ein Experiment: Sie beleuchten neue Verfahren im verbalen Schlagabtausch. Im ersten Teil geht es um die renale Denervierung bei therapierefaktärer Hypertonie.

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BERLIN. Was tun, wenn selbst komplexe Therapieregime zahlreicher Antihypertensiva nicht mehr gegen den Bluthochdruck helfen?

Die Nephrologen erproben seit einigen Jahren die renale Denervation. Ihre Hoffnung: Mittels Ablationstherapie der renalen Sympathikusnerven soll der Blutdruck wieder ins Lot gebracht werden.

Vor dem Schlagabtausch stimmten immerhin 48,9 Prozent der Teilnehmer live per Ted-System für das Verfahren.

Schmieder: Reduktion lässt sich durch Denervierung erreichen

Professor Roland Schmieder aus Erlangen, der als Pro-Part in den Ring stieg und dafür warb, bescheinigte seiner Zunft, dass man sehr genau wisse, "was während der Denervierung mit der Sympathikusaktivität passiert" und wie die efferenten Nervenfasern aktiv seien.

Bei der Ablation werden sowohl Afferenzen als auch Efferenzen verödet, hier macht der Katheter keinen Unterschied.

Laut Schmieder gibt es etwa klare Hinweise über eine Reduktion des Noradrenalingehalts in der Niere nach der Denervierung.

Das Durchtrennen der afferenten Fasern führe dazu, dass das sympathische System generell herunterreguliert werde. Und letztlich, das Ziel, erreiche man auf diese Weise: eine Reduktion des Blutdrucks um "30 Prozent" (sic!).

Schmieder zitierte überdies eine randomisierte kontrollierte Studie mit 52 Patienten, bei denen der Blutdruck durch die renale Denervierung über 30 Monate konstant um 32/12 mmHg abgesenkt worden sein.

Schmieder: "Bei diesen Effekten braucht man keine tausend Leute, um so etwas zu zeigen."

Nach dem Schlagabtausch kippt Zuspruch

Sein Gegenspieler, der Hannoveraner Hypertensiologe Professor Hermann Haller, vermochte die Euphorie nicht zu teilen. Zwar stimmte er zu, dass die Rolle des Sympathikus wichtig sei.

Auch wenn die Denervation "möglicherweise eine wunderbare Methode" sei: "Wir können sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfehlen, weil wir nicht wissen, was wir tun."

Zahlreiche andere Mechanismen seien noch nicht geklärt, etwa die Regulation der Salzausscheidung. Zwar gebe es viele Studien, die zeigten, dass der Sympathikus "gewisse Wirkungen" habe. Es gebe aber keine Studien, die zeigten, dass er auf den Blutdruck eine Wirkung hat.

Haller fordert verblindete Studien, vor allem weil Placebos und Co. bei Blutdruckpatienten eine entscheidende Rolle spielen können. Er nennt als Beispiel, dass der Blutdruck allein durch die ärztliche Betreuung abfallen kann.

Sein Team hatte Patienten einen Schrittmacher zur Barorezeptorstimulation in die Carotis "eingebaut". Kurz darauf sank der Blutdruck, ohne dass die Ärzte den Apparat eingeschaltet hatten.

Haller: "Wir verändern das Verhalten der Patienten ganz entscheidend." Und: "Wir sollten die Methode einsetzen, aber nicht als Empfehlung zum generellen Einsatz."

Nach dem Schlagabtausch kippt der Zuspruch: Nur noch 23,7 Prozent der anwesenden Nephrologen stimmen dem generellen Einsatz der Methode zu. (nös)

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