Kind unter Hochdruck

Bei Bedarf ist Medikation angesagt!

Eine essenzielle Hypertonie mit all ihren Risiken kann schon bei Kindern und Jugendlichen auftreten, vor allem dann, wenn sie adipös sind. Lebensstilinterventionen sind dann die "Firstline-Therapie". Bei Bedarf muss medikamentös behandelt werden.

Von Beate Fessler Veröffentlicht:

KÖLN. In der Kinderarztpraxis wird ein Problem immer häufiger: die essenzielle Hypertonie. Sie ist die häufigste Form der Hypertonie jenseits des Kleinkindalters und sie erhöht das Risiko für einen erhöhten Blutdruck auch im Erwachsenenalter. Die Zunahme in den letzten Jahrzehnten war rasant: "In den letzten 30 Jahren ist die Häufigkeit der arteriellen Hypertonie bis auf das Sechsfache angestiegen", sagte Professor Thomas Reinehr, Universität Witten / Herdecke, beim Kongress für Kinder- und Jugendmedizin. Wurde eine Hypertonie 1982 gerade einmal bei 1,5 Prozent der Kinder festgestellt, war dies 1993 bei 2,9 Prozent der Fall. Rasant stiegen dann der KiGGS-Studie zufolge die Zahlen auf 10,3 Prozent im Jahr 2015.

Ein wichtiger Risikofaktor ist die Adipositas: Bei einem hohen BMI steigt die Wahrscheinlichkeit laut Reinehr auf bis zu 30 Prozent. Bei starkem Übergewicht ist etwa jeder zweite betroffen, oft in Kombination mit Dyslipidämie und gestörter Glukoseintoleranz. Bereits im Kindesalter führt dies zu Veränderungen von Gefäßen und Herzmuskelmasse. Eigene Daten von Reinehr zeigen, dass adipöse Kinder mit metabolischem Syndrom eine höhere Intima-media-Dicke aufweisen als adipöse Kinder ohne metabolisches Syndrom.

Besonders geachtet werden muss auf den Blutdruck, wenn Kinder in die Pubertät kommen. Dann steigt die Prävalenz einer Hypertonie und geht wieder zurück, wenn die Pubertät durchlaufen ist. Der Grund liegt im Zusammenhang von Hypertonie und Insulinresistenz (IR), denn auch die IR steigt bei Beginn der Pubertät und geht dann wieder zurück.

Therapie der Wahl sind Bewegungssteigerung und Gewichtsreduktion. Bereits eine BMI-SDS-Reduktion > 0,25, entsprechend einem Gewichtsstillstand bei wachsenden Kindern oder einer BMI-Reduktion um 1kg/m2 bei ausgewachsenen Jugendlichen, verbessert alle Faktoren des metabolischen Syndroms, einschließlich des Blutdrucks, unabhängig von Alter, Geschlecht, Pubertät und Ausmaß des Übergewichts. Eine BMI-SDS-Reduktion > 0,5 verdoppelt den Effekt. "Schon eine geringe Gewichtsreduktion hat also einen günstigen Effekt", resümierte Reinehr. Adipöse Kinder mit arterieller Hypertonie scheinen besonders von einer Lebensstilintervention zu profitieren.

Erschreckend ist laut Reinehr allerdings die zurückhaltende medikamentöse Therapie im Kindes- und Jugendalter. Er plädierte dafür, den Blutdruck nicht nur zu messen, sondern auch medikamentös zu behandeln, wenn Lebensstilinterventionen nichts bringen. Dem sollte allerdings eine 24-Stunden-Blutdruckmessung vorausgehen. Betablocker sind bei gleichzeitiger Adipositas fehl am Platz, da sie den Stoffwechsel ungünstig beeinflussen und die Adipositas begünstigen. Wird mit ACE-Hemmern behandelt, muss dagegen bei Jugendlichen die Teratogenität berücksichtigt werden.

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