Fast jeder zweite HIV-Patient hat Depressionen

FRANKFURT / M. (hae). Bei HIV-Infizierten ist die Gefahr, an einer Depression zu erkranken, besonders groß. Auch hier gilt: Je früher mit einer antidepressiven Behandlung begonnen wird, desto leichter und rascher kann der Patient die seelische Störung überwinden.

Veröffentlicht:

Der Neurologe Professor Ingo Husstedt aus Münster hat die Erfahrung gemacht, dass bereits die HIV-Diagnosestellung Auslöser für eine depressive Episode ist. So berichteten zum Beispiel 85 Prozent der Aids-Therapeuten in den USA über Depressionen bei ihren Patienten, wie Husstedt beim 3. Deutsch-Österreichischen Aids-Kongress in Frankfurt berichtet hat.

Aufgrund der hohen Lebenszeitprävalenz von Depressionen in der Allgemeinbevölkerung von 12 bis 20 Prozent sei davon auszugehen, dass bei etwa jedem dritten Patienten bestehende oder überstandene Depressionen durch Mitteilen der HIV-Diagnose verstärkt oder reaktiviert werden, so Husstedt bei einer Veranstaltung von Bristol-Myers Squibb. Manche gehen sogar davon aus, dass bis zu 40 Prozent der HIV-Infizierten an einer Depression erkranken.

Die wichtigste Differenzialdiagnose sei eine Depression als Bestandteil der HIV-assoziierten Meningoenzephalitis. "Wir stellen diese Diagnose inzwischen bei jedem dritten Patienten", so Husstedt. Davon abzugrenzen seien Drogen- und Medikamentenabusus, Vitaminmangelzustände sowie unerwünschte Arznei-Wirkungen als Ursache der Depression.

Nach Erfahrungen des Neurologen haben sich in der Therapie Antidepressiva wie Duloxetin oder Citalopram als wirksam erwiesen. Solche Medikamente würden auch zusammen mit einer hochaktiven antiretroviralen Therapie gut vertragen. In ihrer Bedeutung eher überschätzt würden die unerwünschten Wirkungen, die in den ersten vier Wochen einer Behandlung mit dem nichtnukleosidischen Transkriptasehemmer Efavirenz (Sustiva®) auftreten können.

Albträume, Müdigkeit oder Schwindel seien meist schwach ausgeprägt und nähmen im Therapieverlauf rasch ab. Husstedt empfahl aber, Patienten zu Therapiebeginn vom Autofahren abzuraten. Andererseits sei Efavirenz wegen seiner guten Liquorgängigkeit eine Basisarznei bei Neuromanifestationen der HIV-Infektion. Ein Tipp: Verbessern lasse sich die Verträglichkeit etwa durch Einnahme vor dem Zubettgehen oder auf nüchternen Magen.

Mehr zum Thema

Interview

Wie toxische Männlichkeit der Gesundheit von Männern schadet

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Tierexperiment: Neuer Signalweg identifiziert

Essen in Sicht? Die Leber ist schon aktiv!

Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer