Für Erwachsene fehlen Arzneien gegen ADHS

NEU-ISENBURG (eis). In Deutschland sollten auch für Erwachsene die Voraussetzungen für eine angemessene Versorgung mit ADHS-Medikamenten geschaffen werden, fordern Gesundheitsexperten des DIMDI.

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Häufige Wutausbrüche können auf ADHS im Erwachsenenalter hindeuten. Die Arzneiversorgung könnte nach Ansicht von Experten verbessert werden.

Häufige Wutausbrüche können auf ADHS im Erwachsenenalter hindeuten. Die Arzneiversorgung könnte nach Ansicht von Experten verbessert werden.

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ADHS-Medikamente sind in Deutschland zurzeit nur für Kinder und Jugendliche zugelassen und durch gesetzliche Krankenkassen erstattungspflichtig. Bei Erwachsenen werden die Arzneien bisher nur im Einzelfall bezahlt.

Die ADHS-Symptome persistieren aber bei vielen Betroffenen noch im Erwachsenenalter, heißt es in dem HTA-Bericht (Health Technology Assessment) des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI, Infos: www.dimdi.de). Die fehlende Zulassung der Arzneien für Erwachsene könne zur Unterversorgung führen.

Wegen möglicher Folgen sei aber eine frühe wirksame Therapie wichtig. ADHS beeinträchtige das soziale Leben stark und erhöhe das Risiko für weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen und Sucht. Studien zur Pharmakotherapie bei Erwachsenen liegen vor, weitere Studien sind nach Ansicht der Experten nötig.

Als Therapie der ersten Wahl bei Erwachsenen mit ADHS empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) Methylphenidat. Eine weitere Option ist Atomoxetin, und gelegentlich werden auch Antidepressiva wie Bupropion angewandt. Die Kosten im Jahr 2009 für die medikamentöse Therapie eines Erwachsenen betrugen nach dem Bericht 1 270 bis 1 619 Euro.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Bei ADHS fehlen Arzneien und Ärzte

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Kommentare
Dr. Thomas Bonath 15.09.201012:46 Uhr

ADHS im Erwachsenenalter

Therapeutisch befindet man sich hier in einem gewissen Dilemma: einerseits bestehen bei etwa einem Drittel der ADHS-Betroffenen im Erwachsenenalter noch Residualsymptome, die einer weiteren Behandlung bedürfen. Andererseits sind die wissenschaftlichen Diagnose-Kriterien noch ungenauer als beim Kind und Jugendlichen. Sie sind eine reine Verhaltensbeschreibung. Verhalten kann durch unterschiedliche Faktoren beeinflußt werden. Bei Kindern spielen die sensoriche Integration, der Fähigkeit zur Handlungssteuerung und emotionale Faktoren zusammen. Zur Diagnose gehört auch immer eine Überprüfung, wo die primäre Störung liegt. Ein therapeutischer Einfluß von Psychostimulantien ist eigentlich nur dann zu erzielen, wenn die Handlungssteuerung primär betroffen ist, die beiden anderen Ebenen werden nicht primär erreicht.
Dies gilt auch für die Erwachsenen. Im Gegensatz zu Kindern besteht aber gerade in dieser Gruppe auch die erhöhte Gefahr des Mißbrauchs zum "Gehirn-Doping". Hierzu gibt es mittlerweile eine Menge Erkenntnisse aus den USA.
Mein Eindruck ist, dass es handfeste wirtschaftliche Interessen gibt, gerade die medikamentöse Therapie auf Erwachsene auszuweiten. Die Studien in diesem Bereich sind vor allem unterstützt durch die Pharma-Industrie. Andere therapeutische Ansätze werden vernachlässigt oder nicht finanziell unterstützt.Inwiefern eine rein pharmakologische Symptomdeckelung aber wirklich weiterführend ist, ist fragwürdig.

Ich arbeite seit mehr als 10 Jahren auch mit erwachsenen ADHS-Patienten. Einige stellten sich mit hoher Methylphenidat-Medikation vor, von der sie langfristig nicht profitierten. Es bestand bei einigen eine zumindest psychische Abhängigkeit. Teilweise verstärkte sie Komorbiditäten wie Angststörung und Depressivität. Durch Homöopathie und "Coaching" ließ sich Methylphenidat erst reduzieren, und in vielen Fällen dann absetzen. Bei einigen wenigen Patienten wird es in besonders belastenden Situationen punktuell eingesetzt. Insgesamt sind die Therapiekosten deutlich niedriger als die im Artikel angegebenen, der Erfolg für den Patienten deutlich nachhaltiger und effektiver.

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