Seltene Krankheit

Screening auf spinale Muskelatrophie bei Neugeborenen?

Um bei spinaler Muskelatrophie bestmögliche Therapieerfolge zu erzielen, muss das langfristige Ziel die präsymptomatische Diagnosestellung sein, betonen Kollegen.

Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Mit Nusinersen gibt es in Deutschland seit Sommer 2017 eine spezifische Therapie gegen spinale Muskelatrophie (SMA). Nusinersen sorgt dafür, dass bei Betroffenen in größeren Mengen vollständiges, funktionsfähiges SMN-Protein gebildet wird – SMN steht für "Survival of Motor Neuron".

Damit können Kinder mit 5q-assoziierter spinaler Muskelatrophie überleben und sich weitgehend normal motorisch entwickeln, wenn die Arznei früh genug intrathekal appliziert wird.

Unter anderem tierexperimentelle Daten ließen vermuten, dass ein präsymptomatischer Therapiebeginn deutlich effizienter ist als ein Therapiestart nach Eintritt der Schädigung, berichten Dr. Katharina Vill vom Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München und ihre Kollegen (Der Nervenarzt 2017; 12:1358-1366).

Bestätigt wird diese Annahme durch erste positive Resultate einer offenen Studie mit präsymptomatischen Kindern, die meist aufgrund familiärer Belastung bei der Geburt genetisch auf SMA untersucht worden waren, und gegebenenfalls vor dem Lebensalter von vier Wochen mit Nusinersen behandelt wurden.

Unverzichtbare Voraussetzungen

Alle diese Daten sprächen für ein essenziell besseres motorisches Outcome bei präsymptomatischer Behandlung, was die Frage nach dem Einschluss der SMA in das Neugeborenenscreening aufwerfe, so die Autoren um Vill. Zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für ein solches Screening zählen ja:

» Die Erkrankung muss behandelbar sein.

» Die frühere Diagnose verbessert die Prognose.

» Ein adäquater Test mit hoher Spezifität und hoher Sensitivität muss verfügbar sein.

» Die Untersuchung muss für alle neugeborenen Kinder verfügbar sein.

Vielversprechende Therapieansätze

Diese Voraussetzungen seien für die SMA erfüllt, so Vill und ihr Team. Die Therapieansätze bei früher Erkennung seien vielversprechend.

Und die Diagnose könne aus der Trockenblutkarte, die beim Regelscreening auf Stoffwechselerkrankungen und Endokrinopathien ins Labor geschickt wird, gestellt werden. Als Suchtest diene der molekulargenetische Nachweis der fehlenden Region im Exon 7 im SMN1-Gen, der eine eindeutige Erkennung betroffener Kinder ermöglicht.

Besonders im Hinblick auf die hohe Inzidenz der SMA sollte der überschaubare wirtschaftliche Aufwand gerechtfertigt sein, so die Kollegen um Vill.

Durch Etablierung eines DNA-basierten Screenings könnte bei SMA erneut ein Meilenstein gesetzt werden. Erstmals könnte eine primär neuromuskuläre Erkrankung bereits im Neugeborenenalter erfasst und dadurch mit vermutlich deutlich verbessertem Outcome behandelt werden.

Vill und ihre Kollegen: "Die Akzeptanz eines molekulargenetischen Screenings in der Bevölkerung vorausgesetzt, stellen die Finanzierung eines Modellprojektes vor Einführung als gesetzliche Regelleistung, die Schulung der Geburtszentren, die Beratung und Betreuung der betroffenen Familien, die Bereitstellung des stationären Settings sowie standardisierte Nachuntersuchungen, um den Therapieerfolg exakt zu quantifizieren, die kommenden Herausforderungen dar."(mal)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kasuistik

Trichodysplasia spinulosa: Die Säure hat geholfen

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Chronisch kranke Kinder

Mangelernährung frühzeitig erkennen und konsequent angehen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Danone Deutschland GmbH, Frankfurt/Main
7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

© Vink Fan / stock.adobe.com

Aktive schubförmige Multiple Sklerose

7-Jahres-Daten belegen günstiges Nutzen-Risiko-Profil von Ofatumumab

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt