Die Pest in der Kultur

"Mir schaut der Tod zu beyden Augen aus"

Jahrhundertelang brachte die Pest weiten Teilen Europas den Tod: Die Angst vor der Krankheit spiegelt sich auch in der Literatur. Ein erneutes Aufflammen in Deutschland ist allerdings unwahrscheinlich.

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Die Pest hat in Europa an Schrecken verloren: Nur Mahnmale und Karnevalsmasken erinnern an die Krankheit, vor der sich Ärzte mit ähnlichen Masken zu schützten versuchten. Doch kann sie zurückkommen?

Die Pest hat in Europa an Schrecken verloren: Nur Mahnmale und Karnevalsmasken erinnern an die Krankheit, vor der sich Ärzte mit ähnlichen Masken zu schützten versuchten. Doch kann sie zurückkommen?

© ruslan_100/fotolia.com

Erst seit gut 120 Jahren ist der Pesterreger bekannt. Der Forscher Alexandre Yersin, geboren in der französischen Schweiz, machte das Bakterium 1894 als Ursache der Erkrankung aus. Nach dem Arzt ist es benannt: Yersinia pestis. Auch zwei andere Wissenschaftler isolierten den Erreger in dem Jahr. Durch diese Erkenntnis und die Einführung von Antibiotika konnte die Pest zurückgedrängt werden.

Madagaskar ist derzeit das am schlimmsten von der Pest betroffene Land. Dort sind nach Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO seit 2010 knapp 500 Menschen an der Pest gestorben.

Im Kongo gab es im selben Zeitraum 67 Todesfälle, gefolgt von Uganda (12), Tansania und Peru (je 7). Im Kongo, der jahrzehntelang am härtesten von der Pest betroffen war, ist die Dunkelziffer nicht gemeldeter Erkrankungen sehr hoch.

Gefahr für Deutschland gering

Ein Ausbruch der Pest in Deutschland ist extrem unwahrscheinlich. Theoretisch könnten mit dem Bakterium Yersinia pestis infizierte Ratten und Flöhe etwa auf Frachtschiffen zu uns gelangen. Doch selbst für den kaum zu erwartenden Fall, dass es dadurch zu einzelnen Beulenpest-Fällen oder Lungenpest-Erkrankungen käme, wäre die Gefahr gering, erläutert Eric Bertherat.

Er ist Pest-Spezialist der Weltgesundheitsorganisation WHO, die ihren Hauptsitz in der Schweiz hat. "Mit unserem funktionierenden Gesundheitssystem und Krankenhäusern wäre ein Pest-Ausbruch schnell unter Kontrolle." Die letzte bekannte Pest-Erkrankung in Europa habe es gegen Ende des Zweiten Weltkriegs im süditalienischen Neapel gegeben.

Eine Einschleppung der Pest aus Madagaskar durch rückkehrende Touristen ist ebenfalls sehr unwahrscheinlich. Die bei Urlaubern beliebten Gebiete des Landes - etwa die Inseln und Strände im Norden - sind pestfrei. Die von der Pest stärker betroffenen ländlichen Gebiete im Hochland ziehen keine Urlauber an.

In ländlichen Gebieten der USA gibt es auch immer wieder vereinzelte Pest-Fälle, darunter in New Mexico, Arizona, Colorado und Kalifornien. Dort zählten die Behörden seit 2010 fünf Pest-Tote. In den USA sind die Wirtstiere der Flöhe, die die Krankheit oft übertragen, nicht in erster Linie Ratten, sondern Präriehunde und Katzen.

Vereinzelte Pest-Fälle gibt es auch etwa in China, Russland, der Mongolei, Bolivien und bis vor wenigen Jahren in Indien. Selbst in Ländern, aus denen lange keine Ausbrüche gemeldet wurden, kann die Seuche erneut auftreten, wie etwa 2004 in Algerien. "Die Pest ist eine seltsame Krankheit. Es werden jahrzehntelang keine Erkrankungen beobachtet, und dann kommt die Pest wieder zurück", erläutert WHO-Pest-Spezialist Bertherat in Genf.

Hoffnung und Ohnmacht

Die Situation der Menschen mit Pest zwischen Hoffnung und Ohnmacht hat Künstler immer wieder zu unterschiedlichsten Werken angeregt.

Volkslied: "Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord. In den Kesseln, da faulte das Wasser, und täglich ging einer über Bord", reimt 1934 der Drehbuchautor und Schlagertexter Just Scheu (1903-1956). Das Stück wird zum Gassenhauer.

Tagebuch: Samuel Pepys (1633-1703), hoher Beamter in England, schildert in seinen Augenzeugenberichten sein Leben in London während der Pest-Epidemie 1665: "Sah heute mit großem Unbehagen (...) drei Häuser mit einem roten Kreuz auf der Tür und darunter die Aufschrift ,Gott erbarme sich unser‘. Ein trauriger Anblick."

Erzählung: Der englische Schriftsteller Daniel Defoe (um 1660-1731) greift das Thema ebenfalls auf. Er schildert 1722 in seiner fiktiven Reportage "A Journal of the Plague Year" Hysterie und Not beim Massensterben der Großen Pest in London 1665.

Roman: Der Literaturnobelpreisträger Albert Camus (1913-1960) verarbeitet in seinem 1947 erschienenen Roman "Die Pest" seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg.

Gedicht: Der Chronist des Dreißigjährigen Krieges, Andreas Gryphius (1616-1664), dichtet mehrfach über die Pest. 1663 schreibt er: "Ich bin nicht der ich war, die Kräffte sind verschwunden. Die Glider sind verdörrt als ein durchbrandter Grauß: Mir schaut der schwartze Tod zu beyden Augen aus." (dpa)

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