Gefiedertes Talent

Tauben können menschliche Wörter lesen

Können Vögel Lesen lernen? Ein Deutsch-amerikanisches Forscherteam hat Tauben menschliche Wörter beigebracht. Und die Tiere konnten noch mehr...

Veröffentlicht:
Die Ratten der Lüfte: Tauben haben oft kein gutes Image, sind aber intelligente Tiere.

Die Ratten der Lüfte: Tauben haben oft kein gutes Image, sind aber intelligente Tiere.

© Ackley Road Photos / fotolia.com

BOCHUM. Tauben können englische Wörter von Nicht-Wörtern unterscheiden. Das berichten Psychologen der Universität Otago, Neuseeland, und der Ruhr-Universität Bochum in der Zeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences". Die Tiere treffen die Unterscheidung anhand der Buchstabenkombinationen.

"Diese enorme kognitive Leistung der Tauben offenbart, dass es kein Privileg von Primaten – oder gar nur des Menschen – ist, orthografische Regeln zu beherrschen", sagt Professor Onur Güntürkün, einer der Studienautoren. "Selbst Tiere mit kleinen Gehirnen können diese Leistung vollbringen."

Vögel lernten, Wörter von Nicht-Wörtern zu unterscheiden

Die Wissenschaftler zeigten Tauben auf einem Monitor englische Wörter aus vier Buchstaben, zum Beispiel "DONE", und gleich lange Nicht-Wörter, etwa "DNOE". Sie trainierten die Tiere mittels Futterbelohnung, auf das Wort zu picken, wenn es sich um einen existierenden Begriff handelte.

Bei Nicht-Wörtern mussten sie auf ein Symbol neben dem Wort picken. Nach und nach lernten die vier Tauben zwischen 26 und 58 Wörtern, die sie von 8000 Nicht-Wörtern unterscheiden konnten.

Orthographische Regeln verinnerlicht

Um zu prüfen, ob die Tauben die Wörter einfach nur auswendig gelernt hatten oder ob sie sich orthografische Regeln angeeignet hatten, zeigten die Forscher den Vögeln neue Wörter und Nicht-Wörter.

Tatsächlich schnitten die Tauben in dem Test besser ab, als durch reinen Zufall zu erwarten wäre.

Die Vögel hatten die statistische Wahrscheinlichkeit gelernt, mit der bestimmte Zweierkombinationen von Buchstaben im Englischen auftauchen. Das Wort DONE hat drei solcher Bigramme: DO, ON und NE. Diese Kombinationen kommen im Englischen häufiger vor als die Bigramme des Nicht-Wortes DNOE.

Tauben wandten Lewenstein-Distanz an

Außerdem konnten die Tauben die sogenannte Lewenstein-Distanz ziemlich präzise schätzen. Die Lewenstein-Distanz zwischen zwei Zeichenketten bezeichnet die kleinstmögliche Anzahl von Einfüge-, Lösch- und Ersetz-Operationen, die man durchführen muss, um eine Zeichenfolge in eine andere umzuwandeln.

Der Begriff geht auf den russischen Wissenschaftler Wladimir Lewenstein zurück. Auch Menschen nutzen unbewusst diese beiden Regeln für die Orthografie.

"Tauben und Menschen haben extrem unterschiedliche Gehirne und lernen trotzdem auf äußerst ähnliche Art und Weise orthografische Regeln", erklärt Güntürkün, Leiter der Bochumer Arbeitseinheit Biopsychologie. "Diese Erkenntnisse zeigen, dass sich bei Vögeln und Säugetieren im Laufe einer 300 Millionen Jahre währenden parallelen Evolution sehr ähnliche kognitive Leistungen herausgebildet haben – unabhängig von Hirnstrukturen."

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte Onur Güntürküns Arbeiten für die Studie durch den SFB 874. Weitere Unterstützung kam von der University of Otago, Department of Psychology, in Form einer Forschungsförderung an Michael Colombo. (eb)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

5 Kriterien der Charité

ME/CFS-Diagnose: So gehen Sie in der Hausarztpraxis vor

Erfolgreiche Teamarbeit

HÄPPI: So gelingt die Delegation in Hausarztpraxen

Lesetipps
Mit einer eher seltenen Diagnose wurde ein Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Die Ursache der Hypoglykämie kam erst durch einen Ultraschall ans Licht.

© Sameer / stock.adobe.com

Kasuistik

Hypoglykämie mit ungewöhnlicher Ursache