"Ein wunderbarer Start für die deutsche Mannschaft, da kommt noch mehr!"

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Nah dran an den Spielern: Adolf Katzenmeier, hier mit Lukas Podolski.

Nah dran an den Spielern: Adolf Katzenmeier, hier mit Lukas Podolski.

© Imago

Von seiner Heimatstadt Frankfurt am Main aus verfolgt er die Fußball-WM: DFB-Physiotherapeut Adolf Katzenmeier hat bei sieben Weltmeisterschaften mit auf der deutschen Trainerbank gesessen. Er glaubt an die Chancen des deutschen Teams.

Ärzte Zeitung: Herr Katzenmeier, Sie sind erstmals seit 1974 nicht bei einer WM als Physiotherapeut der deutschen Nationalmannschaft mit dabei. Was ist das für ein Gefühl?

Adolf Katzenmeier: Ganz ehrlich: Ich bin in den vergangenen Tagen ein wenig nachdenklich geworden. Aber man muss auch loslassen können. Und das ist in Ordnung so.

Ärzte Zeitung: Wie sehen Sie die Chancen der deutschen Mannschaft?

Adolf Katzenmeier: 4:0 gegen Australien - das war ein wunderbarer Start für unser Team. Ich bin sicher, dass da noch mehr kommen wird. Deutschland ist eine Turniermannschaft. Entscheidend wird letzlich sein, ob die Kraft vor allem der vielen jungen Spieler nach dieser langen Saison über die Dauer des WM-Turniers ausreichen wird. Halten sie durch, dann hat dieses Team alle Chancen und kann sogar Weltmeister werden.

Ärzte Zeitung: Die Vorbereitungen der deutschen Mannschaft waren von Rückschlägen und Ausfällen geprägt. Michael Ballack ist als Teamkapitän nach seiner Verletzung ausgeschieden….

Adolf Katzenmeier: … und Joachim Löw hat mit Philipp Lahm genau den richtigen Spieler als WM-Kapitän nominiert. Lahm ist ein echtes Vorbild, er brennt, bringt immer seine Leistung, verbreitet keine Hektik, ist klug und kann gut reden.

Ärzte Zeitung: Wenn Sie die Spiele von heute mit 1974 vergleichen, wo ist da der Unterschied?

Adolf Katzenmeier: Das Spiel ist dynamischer, athletischer und schneller geworden. Dazu haben auch Erkenntnisse der Sportwissenschaft beigetragen. Früher konnten die Spieler mit dem Ball ungestört viel weitere Wege gehen. Das ist heute ganz anders. Die Ballkontakte sind oft nur sehr kurz - das macht das Spiel ungemein schnell.

Ärzte Zeitung: Ist die Technik der Spieler besser geworden?

Adolf Katzenmeier: Sagen wir: Sie ist verfeinert worden. Beckenbauer, Netzer oder etwa Overath - das waren Supertechniker. Sie hatten das Spielen auf der Straße in der Nachkriegszeit gelernt. Die Spieler heute, die es bis nach ganz oben schaffen, werden systematisch aufgebaut und haben eine völlig andere Grundausbildung.

Ärzte Zeitung: Wie sieht es mit Verletzungen aus?

Adolf Katzenmeier: Ich denke nicht, dass sich Verletzungsmuster groß verändert haben. Verändert hat sich aber der psychische Druck, der auf den Spielern lastet. Die Sorge, nach einer Verletzung aus der Mannschaft zu fliegen, ist groß. Gerade bei Jugendspielern habe ich oft erlebt, dass sie den Trainer deshalb nicht über ihre Verletzung informieren wollen. Bei den Top-Spielern ist es so, dass sie wegen der modernen Leistungsdiagnostik bestehende Defizite in der Regel gar nicht erst kaschieren können. Das wiederum erhöht auch den Druck auf die Physiotherapeuten, eine gute Arbeit zu machen.

Ärzte Zeitung: Sie haben mit vielen DFB-Trainern gearbeitet…

Adolf Katzenmeier: ... und ich bin mit allen gut klargekommen. Dabei war ihre Art der Ansprache ans Team extrem unterschiedlich. Dettmar Cramer zum Beispiel hielt vor den Spielen immer lange Vorträge. Franz Beckenbauer arbeitete knochenhart mit der Mannschaft und sagte dann ganz einfach: Geht's raus und spuilts! Und mit diesem Teamchef sind wir dann 1990 Weltmeister geworden.

Die Fragen stellte Christoph Fuhr

Adolf Katzenmeier

Aktuelle Position: Physiotherapeut mit eigener Praxis. Karriere: Katzenmeier, Jahrgang 1938, war von 1963 (vom damaligen Bundestrainer Sepp Herberger engagiert) bis Ende 2008 Physiotherapeut beim DFB. Seit 1974 auf Initiative von Franz Beckenbauer für die A-Nationalmannschaft zuständig. Teilnahme an sieben Welt- und vielen Europameisterschaften.

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