HINTERGRUND
Schon früh ist mit Ultraschall und MRT bei Sportlern erkennbar, welche Gelenke und Sehnen gefährdet sind
Von Franz Kainberger
Durch die stetige Zunahme des Breitensports und die höher werdenden Anforderungen im Spitzensport steigen Zahl und Ausprägungsgrad von Sportverletzungen und Sportschäden. Auch die Rolle der bildgebenden Diagnostik hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt.
Heute sind es vor allem Sehnen- und Muskelverletzungen sowie Läsionen der Binnenstrukturen der Gelenke, die das Gros der Sportverletzungen ausmachen. Das Faszinierende an modernen radiologischen Verfahren ist, daß damit Gewebeschäden nicht nur erkannt, sondern auch quantitativ eingeschätzt werden können. Für einzelne Patienten stehen Ärzten sogar prognostische Parameter im Hinblick auf relevante Funktionseinbußen zur Verfügung.
Sportverletzungen stehen am Ende chronischer Fehlbelastungen
Eine Sportverletzung wird heute nicht mehr als plötzliches Ereignis angesehen, sondern als Endzustand einer manchmal kaskadenartig ablaufenden Folge von Lebens- und Sportgewohnheiten und damit einhergehenden Fehlbelastungen sowie spezifischen Gewebeschäden. Besonders mit der Sonographie und der Magnetresonanz-Tomographie (MRT) können typische Muster solcher Überlastungssyndrome oft sehr gut erfaßt werden.
Ein Beispiel sind Tendinosen der Achillessehne, die mit beiden Methoden sehr genau erfaßt werden können. Tendinosen entstehen als Folge einer Peritendinitis und können in weiterer Folge zur Sehnenruptur führen. Inwieweit der Nachweis einer Tendinose Auswirkungen auf die Ausübung einer bestimmten Sportart hat, ist eine Frage der individuellen Gestaltung des Trainingsplans. Ein zukünftiges Ziel sollte es jedoch sein, die radiologische Dokumentation vermehrt nicht nur zur Therapie, sondern auch zur Prävention heranzuziehen.
Sonographie oder MRT? Das hängt von der Verletzung ab
Wegen des raschen Fortschritts in der Radiologie ist es meist nicht sinnvoll, allgemein akzeptierte Standards, die dann oft nur von kurzer Dauer sind, festzulegen. Sportmedizinische Fachgesellschaften spielen sicher eine wesentliche Rolle bei der Konsensfindung, welche Methoden State-of-the-Art sind.
Mit der Sonographie können Tendosynovitiden oder Flüssigkeitsansammlungen in Gelenken, Bursen und Sehnenscheiden sehr gut dargestellt werden. Der große Vorteil liegt in der verläßlichen Ausschlußkraft solcher pathologischen Veränderungen, wenn die anatomischen Verhältnisse gut beurteilbar sind. Voraussetzung sind hochauflösende Geräte mit Schallkopf-Frequenzen von mindestens zehn MHz.
Ultraschall ist wichtig für dynamische Gelenkdiagnostik
Auch bietet die Sonographie die Möglichkeit der dynamischen Untersuchung wie kaum ein anderes bildgebendes Verfahren. Besonders bei der Rotatorenmanschette der Schulter ist die dynamische Darstellung in Außen- und Innenrotation oder Retroversion ein wichtiger Teil der Standarduntersuchung.
Allerdings: Nur oberflächliche Strukturen sind artefaktfrei darstellbar; die Kontrastauflösung ist im Vergleich zur MRT geringer; und eine Real-time-Untersuchung kann auf statischen Bildern nur partiell dokumentiert werden. Daher ist die Sonographie ein ausgezeichnetes Verfahren zur Primärdiagnostik, zur weiterführenden Abklärung jedoch oft nicht geeignet.
MRT bietet Einblick in Knorpel, Sehnen, Muskeln und Knochen
Der enorme Wert der MRT für die Sportmedizin liegt darin, daß alle Gewebestrukturen beurteilbar sind, so daß Kombinationsschäden in ihrer klinischen Bedeutung besser abgeschätzt werden können. Klassisches Beispiel sind Kniegelenksverletzungen oder die leichte Hyperpronation des Rückfußes bei Läufern, die typischerweise mit einer Überlastung der Tibialis-posterior-Sehne und der Achillessehne sowie einem Gelenkerguß und einer Knochenkontusion (bone bruise) im Sprunggelenk einhergehen kann.
Der Begriff Sehnenüberlastungs-Syndrom erscheint hilfreich bei der Beschreibung und Spezifizierung des Ablaufs der Sehnendegeneration bis zur Ruptur. Das Ziel muß es sein, die intrinsischen Risikofaktoren und den Schweregrad einer Tendinose so exakt wie möglich zu erfassen.
Knorpelschäden im Frühstadium sind mit MRT am besten zu sehen
Auch bei Knorpelläsionen, etwa der Meniskusruptur, ist ein stadienabhängiges Schädigungsmuster zu beobachten, und Abnormitäten sind auf MRT-Bildern lange vor arthroskopisch nachweisbaren Oberflächendefekten festzustellen. Bei jugendlichen asymptomatischen Basketballspielern etwa können an der Patella Knorpelulzera beobachtet werden.
Da die Versorgung mit CT- und MRT-Geräten auch im niedergelassenen Bereich sehr gut ist, kann eine deutliche Verbesserung bei der Frühdiagnostik von sportbedingten Überlastungsschäden und Verletzungen erwartet werden.
Der Artikel erschien zuerst in der "Ärzte Woche" am 19. Mai 2004, Seite 45. Autor: Professor Franz Kainberger, Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Allgemeines Krankenhaus Wien, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien, E-Mail: franz.kainberger@univie.ac.at