Kommentar
Die Vampire und das Solidarprinzip
Von Christoph Fuhr
Einmal im Leben Dracula sein, blutrünstig, schaurig, unberechenbar. Wer erinnert sich nicht an Kindergeburtstage und Faschingsnachmittage, an gespielt grimmige Gesichter, schlecht sitzende Vampir-Plastikgebisse made in Hongkong, die spätestens mit dem Auftischen der Geburtstagstorte im Mülleimer landeten?
Die reife Dracula-Jugend von heute - und das ist kein Scherz - stellt offenbar weit höhere Qualitätsansprüche, wie jetzt in einer Presse-Info der KKH zu erfahren war. Echte Eckzähne werden zu Vampirzähnen angespitzt oder verlängert, der Zahnschmelz wird abgeschliffen, der Zahn ist ungeschützt Bakterien ausgesetzt. Es lebe der Kult, cooler geht's nicht!
Dass die Vampir-Fans von heute auch mit sechzig oder siebzig Jahren noch mit ihrem Drohgebiss herumlaufen werden, ist ziemlich unwahrscheinlich. Früher oder später kommen die Reißzähne aus der Mode, der Zahnarzt muss den Spuk beenden. Und die Solidargemeinschaft zahlt für die Demontage? Nix da, stellt die KKH unmissverständlich klar, das ist keine Kassenleistung.
Recht so! In einer Geschichte über Irrwege des modernen Körperkults, die einen ansonsten eher ratlos macht, wirkt diese Kassen-Info fast ein wenig beruhigend.
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