Ostdeutschland

Klinikschließungen? Nicht bei uns!

In vier Regionalkonferenzen stellt der Sachverständigenrat sein Gutachten vor – und stößt auch in Halle auf viele Vorbehalte bei Landespolitikern.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:

HALLE/SAALE. Die Vorschläge des Sachverständigenrats zu Reformen im Gesundheitswesen seien generell ja gut und schön, aber im jeweiligen Bundesland so leider nicht zu verwirklichen.

Derart lässt sich die Diskussion auf der Regionalkonferenz des Gremiums für die neuen Bundesländer in Halle zusammenfassen an der drei der sieben Mitglieder des Sachverständigenrats sowie Gesundheitspolitiker aus Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt teilnahmen.

Petra Grimm-Benne (SPD), Sozialministerin aus Sachsen-Anhalt, sagte etwa, „wir wollen keine Schließung von Kliniken bei uns“. Andreas Büttner (Linke), seit Oktober Gesundheitsstaatssekretär in Brandenburg, pflichtete dem bei und verkündete, „in Brandenburg werden keine Krankenhäuser geschlossen“.

Nun war es an Ferdinand Gerlach, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates, dagegen zu halten, denn in dem im Juli vorgestellten Gutachten wurde unter anderem ein Abbau von Überkapazitäten bei Krankenhäusern vorgeschlagen: „60 Krankenhäuser, die es etwa in Berlin gibt, sind zu viel“, meinte Gerlach. Davon nähmen 40 an der Notfallversorgung teil, auch dies sind nach seiner Ansicht zu viele.

„Deshalb drängen wir zum Beispiel in Berlin auf Schließungen von Kliniken und Konzentration“, ergänzte Gerlach, der das Institut für Allgemeinmedizin an der Goethe-Universität in Frankfurt leitet. „Man muss den Leuten auch sagen, dass nicht das nächstgelegene Krankenhaus das beste ist, sondern das bestgeeignete, zu dem die Fahrzeit dann länger ist.“

Darauf entgegnete Boris Velter (SPD), Gesundheitsstaatssekretär aus Berlin, „es wurden bei uns schon Kliniken geschlossen“. Worauf sich Grimm-Benne für Sachsen-Anhalt und Büttner für Brandenburg einlassen wollten, waren zwar keine Schließungen von Kliniken, aber die „Umwandlung von Krankenhäusern der Grundversorgung in Gesundheitszentren“ in Sachsen-Anhalt und die „Veränderung von Kliniken hin zu sektorenübergreifenden Zentren“ in Brandenburg.

"Länder sollten sich aus Finanzierung der Kliniken zurückziehen"

Sachverständigenrat

In vier Regionalkonferenzen stellt der SVR länderrelevante Analysen vor. Empfehlungen des Gutachtens werden mit gesundheitspolitischen Vertretern der Regionen diskutiert.

Nach Frankfurt, Hamburg und Halle folgt noch Düsseldorf (27. November).

Was den Gesundheitspolitikern auch nicht so recht gefiel, war die Forderung des Sachverständigenrats, dass nicht mehr die Länder für die Investitionen in die Kliniken zuständig sein sollen, sondern die Krankenkassen.

„Die Länder sollten sich aus der Finanzierung der Kliniken zurückziehen“, verlangte Wolfgang Greiner, Mitglied des Sachverständigenrats und Gesundheitsökonom an der Universität Bielefeld, „dies sollten die Krankenkassen übernehmen und dafür Steuermittel erhalten.“

Büttner sprach für Brandenburg die Befürchtung aus, „dass die Länder aus der Steuerung der Kliniken raus sind, wenn wir nicht mehr an der Finanzierung beteiligt sind“. Greiner antwortete, dass die Länder trotzdem noch eine Rahmenplanung für die Krankenhäuser machen könnten, auch wenn dann die Gelder für Investitionen von den Kassen an die Kliniken überwiesen werden sollten.

Nicht überzeugen konnte die Gesundheitspolitiker zudem die Forderung des Rats, dass die hausarztzentrierte Versorgung deutlich gestärkt werden sollte. Als Vorbild dient dem Sachverständigenrat dabei Baden-Württemberg, wo es solche Verträge schon seit rund zehn Jahren gibt.

Diese Versorgung im Südwesten der Bundesrepublik hat der Ratsvorsitzende Gerlach für die Frankfurter Uni auch mit untersucht – und für besser als die Regelversorgung befunden.

„Ich höre immer, dass wir zu wenige Hausärzte haben“, nannte Grimm- Benne ihre Sorgen für Sachsen-Anhalt, das als Flächenland „außer den beiden Städten Magdeburg und Halle stark ländlich geprägt“ sei. „Wo soll ich die Hausärzte hernehmen für eine solche Versorgung, wenn die Leute oft gar keinen Hausarzt mehr finden?“

Die Vorstellungen des Sachverständigenrats gehen dahin, dass Patienten immer zuerst zu ihrem Hausarzt gehen sollen und dieser dann entweder selbst behandelt oder als „Lotse“ an Fachärzte überweist.

Gremiumschef Gerlach erwiderte, dass „die Hausärzte durch die hausarztzentrierte Versorgung gestärkt“ würden und „der Beruf des Hausarztes wieder attraktiver“ werde.

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