Gemeinsame Forderungen

Sachverständige ziehen an einem Strang

Mehr ambulant – weniger stationär, Reform des DRG-Systems und Abbau von Überkapazitäten: Viel Klinik-Reformpotenzial machen zwei Sachverständigenräte für Gesundheit und für Wirtschaft in einer gemeinsamen Stellungnahme aus.

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Wirtschaftsweisen: Ratsvorsitzender Professor Christoph Schmidt (M) sowie die Mitglieder Volker Wieland, Isabel Schnabel, Peter Bofinger bei der Vorstellung ihres jüngsten Ratsgutachtens (v.l.n.r.).

Wirtschaftsweisen: Ratsvorsitzender Professor Christoph Schmidt (M) sowie die Mitglieder Volker Wieland, Isabel Schnabel, Peter Bofinger bei der Vorstellung ihres jüngsten Ratsgutachtens (v.l.n.r.).

© picture alliance/dpa

BERLIN. Eine Strukturreform der deutschen Krankenhauslandschaft halten zwei Sachverständigenräte für so wichtig, dass sie sich erstmals in ihrer Geschichte zu einer gemeinsamen Stellungnahme entschlossen haben.

So stellen der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen sowie der Rat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung konkrete Forderungen auf. Ziel soll es sein, den Qualitätswettbewerb der Krankenhäuser zu stärken und die Bedarfsgerechtigkeit zu erhöhen.

Die Experten empfehlen zum Beispiel einen Abbau von Überkapazitäten. Dadurch könnten Qualität und Effizienz der übrigen Krankenhäuser verbessert werden. Der Strukturfonds – ein Instrument mit dem Schließungen, Konzentrationen und Umwandlungen von Kliniken gefördert werden – müsse stärker als bisher für den Kapazitätsabbau genutzt werden.

Monistische Lösung gesucht

Bei der Investitionskostenfinanzierung sprechen sich die Experten für eine monistische Lösung aus. Die Investitionskosten würden dann nicht wie bisher von den Ländern, sondern von den Krankenkassen getragen. Seit Jahren wird bemängelt, dass die Länder ihrer Verpflichtung die Investitionskosten zu tragen, in vielen Fällen nur unzureichend nachkommen.

Bei den jüngsten Regionalkonferenzen der Gesundheitsweisen zeichnete sich aber ab, dass die Länder kaum gewillt sind, Zuständigkeiten bei den Krankenhäusern abzugeben.

Die Sachverständigen machen sich zudem für Selektivverträge von Krankenhäusern mit Krankenkassen stark. So könnten Investitionen von Kliniken mit einer hohen Versorgungsqualität besser gefördert werden.

Reform des DRG-Systems

Verändert sehen möchten die Sachverständigen das DRG-System. Zwar sei die Versorgung und Vergütung seit der Einführung der Fallpauschalen deutlich transparenter geworden und solle deshalb weiterentwickelt werden. Aber die Zahl der DRGs und der Zusatzentgelte habe sich im Laufe der Jahre verdoppelt.

Das habe das Vergütungssystem verkompliziert. Zudem zeige ein internationaler Vergleich, dass das DRG-System in Deutschland eine zu dominante Stellung bei der Vergütung einnehme und so einen erhöhten Anreiz zur Leistungsausweitung biete. Die Sachverständigen machen sich deshalb für mehr pauschale Vergütungselemente stark.

Mehr ambulant, weniger stationär ist eine weitere Forderung beider Räte. In Deutschland würden immer noch viele Behandlungen stationär erbracht, die in anderen Ländern ohne Qualitätseinbußen ambulant vorgenommen werden. Dabei sei die ambulante Behandlung im Regelfall kostengünstiger.

Ein großer Kritikpunkt ist für die Experten die immer noch sehr starre Trennung in zwei Sektoren. Diese betreffe die Bedarfsplanung, die Vergütung, die Mengensteuerung und die Qualitätssicherung. Kooperationsmöglichkeiten würden eingeschränkt, die Koordination zwischen beiden Sektoren erschwert und unterschiedliche Anreize bei der Auswahl und Erbringung von Leistungen gesetzt.

Um die dadurch brachliegenden Qualitäts- und Effizienzpotenziale zu heben, sollte die sektorübergreifende Versorgung ausgebaut und die ambulante Leistungserbringung erhöht werden, fordern die beiden Räte. (chb)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Politik folgt der Weisen Rat

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