Organspende
England setzt auf die Widerspruchslösung
Parlament stimmt Gesetz zu, dass die bisherige Zustimmungslösung ab 2020 ablösen soll.
Veröffentlicht:LONDON. In England zeichnet sich nach jahrelanger und teils sehr kontroverser Diskussion eine weitreichende Änderung des Organspendegesetzes ab. Das Unterhaus stimmte einer Widerspruchslösung zu, die die bisherige Zustimmungslösung ablösen soll. Die Neuregelung soll 2020 in Kraft treten. Zuvor soll eine Informationskampagne die Bürger auf die neue Rechtslage vorbereiten.
Bislang muss in England ein Bürger einer Organspende ausdrücklich zustimmen, um nach seinem Tod als Spender in Frage zu kommen. Das derzeit gültige Gesetz ist nach Angaben britischer Transplantationsmediziner einer der Hauptgründe, warum derzeit rund 6000 Patienten im Königreich auf eine Organtransplantation warten. Im Vorjahr starben nach offiziellen Zahlen rund 400 Transplantationspatienten, weil für sie nicht rechtzeitig ein passendes Spenderorgan gefunden werden konnte.
In Wales, wo bereits seit Dezember 2015 eine Widerspruchslösung etabliert wurde, stimmen in Befragungen 75 Prozent einer postmortalen Spende zu, im übrigen Großbritannien liegt diese Rate im Schnitt um acht Prozentpunkte niedriger.
Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock zeigte sich „hocherfreut“ über die Abstimmung im Parlament. Durch die Neuregelung könnten jährlich hunderte Menschen gerettet werden, so der Politiker.
Bezeichnet werden soll das Gesetz als „Max and Keiras‘s Bill“ – nach zwei Neunjährigen. Keiras Vater stimmte seinerzeit der Organentnahme bei seiner Tochter zu, die nach einem Autounfall im Sterben lag. Ihr transplantiertes Herz rettete Max, der nur noch durch eine Herzlungen-Maschine am Leben gehalten wurde.
Auch in anderen Teilen Großbritanniens ist Bewegung in die Organspende-Gesetzgebung gekommen. So laufen im schottischen Parlament derzeit ähnliche Initiativen für eine Widerspruchslösung.
In Deutschland hat der Bundestag jüngst einem Gesetz zugestimmt, das die Identifizierung von potenziellen Spendern sowie die Finanzierung von Transplantationskliniken verbessern soll. Im Frühjahr steht im Parlament eine kontroverse Debatte über eine interfraktionelle Initiative an, die für eine Widerspruchslösung wirbt. Gesundheitspolitiker haben dafür in Dänemark und Spanien die dortige Praxis der Organspende erkundet. (ast)