Rechtsprechung

Patientenorganisationen mit limitierten Möglichkeiten

Patientenorganisationen haben kein Recht darauf Einfluss zu nehmen, was wo in einer Leitlinie veröffentlicht wird.

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BERLIN. Das Urteil des Landgerichts Berlin zum Streit zwischen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie sowie der Deutschen Borreliose-Gesellschaft (DBG) und dem Borreliose FSME Bund Deutschland (Borreliose-Bund) um die S3-Leitlinie Neuroborreliose fiel deutlich aus: "Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt" haben DBG und Borreliose-Bund einen Anspruch darauf, die Veröffentlichung der Leitlinie durch eine einstweilige Verfügung zu verhindern, heißt es in der Urteilsbegründung des Gerichts, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.

Den beiden Organisationen sei im Leitlinienverfahren zwar das Recht eingeräumt worden, im Februar 2017 an der letzten Sitzung der Experten, der Konsensuskonferenz, teilzunehmen und innerhalb von vier Wochen dann Sondervoten einzureichen.

Da sie keine Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) seien, verfügten sie gegen diese über keine einklagbaren Rechtspositionen.

Keine subjektive Rechte außenstehender Dritter

Auch die Satzung der AWMF begründe keine "subjektiven Rechte außenstehender Dritter".

Ebenso wenig lassen sich aus der Teilnahme an der Konsensuskonferenz Ansprüche für DBG und Borreliose-Bund ableiten.

"Es ist bei Entscheidungsfindungen auch in anderen Gremien, etwa in Parlamenten, nicht unüblich, dass außenstehende Experten in den Entscheidungsprozess einbezogen werden, ohne dass diesen dann subjektive Rechte in Bezug auf den Inhalt der Entscheidung erwachsen würden", so das Landgericht.

Die Organisationen hätten durch die Konferenzteilnahme die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die Willensbildung zu nehmen. Unterdessen kündigte der Borreliose-Bund an, über das weitere Vorgehen beraten zu wollen. Wie auch die DBG kritisierte der Bund die Entscheidung, einige Tests nicht in die Leitlinie aufzunehmen.

"Die Leitlinie schreibt die nichtstandardisierten Antikörpertests vor und die, ebenfalls dem Zufall unterliegenden, Liquortests. Alle derzeit ergänzenden Tests, die in den vergangenen Jahren trotz angeblicher Seronegativität zu einer Diagnose führten und damit zu einer adäquaten Behandlung, werden abgelehnt", so der Borreliose-Bund in einer Stellungnahme.

Widerspruch eingelegt

Das Landgericht Berlin hat vergangene Woche eine einstweilige Verfügung gegen die DGN aufgehoben, mit der dieser untersagt worden war, an der Veröffentlichung der Leitlinie mitzuwirken. DBG und Borreliose-Bund wollten damit erreichen, dass ihre Dissensberichte im Leitlinientext und nicht nur im Leitlinienreport veröffentlicht werden.

Gegen die einstweilige Verfügung hatte die DGN Widerspruch eingelegt. Das daraufhin ergangene jetzige Urteil ist noch nicht rechtskräftig, bis Ende April kann Berufung eingelegt werden. (juk)

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