Gutes Zeugnis für private Pflegeberater

63.000 Menschen haben sich im vergangenen Jahr an die Pflegeberatung der privaten Krankenversicherer gewandt. Ihre Hauptsorge: Wie lässt sich die Betreuung zu Hause aufrecht erhalten?

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Immer mehr Menschen lassen sich zur Pflege beraten. Das betrifft sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte - im Bild hier ein Pflegestützpunkt.

Immer mehr Menschen lassen sich zur Pflege beraten. Das betrifft sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte - im Bild hier ein Pflegestützpunkt.

© dpa

KÖLN. Wenn sich Ratsuchende an Compass, die Pflegeberatung der privaten Krankenversicherer (PKV) wenden, stehen allgemeine Fragen zu Pflege und Begutachtung im Mittelpunkt. Weitere wichtige Themen sind Hilfsmittel, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, die Entlastung pflegender Angehöriger und die Verhinderungspflege.

Das zeigt der erste "Bericht zur Pflegeberatung" von Compass. Anders als der GKV-Spitzenverband ist das private Unternehmen nicht zur Vorlage eines solchen Berichts verpflichtet, hat sich aber freiwillig dazu entschlossen.

Gemeinsam mit dem Institut für Pflege und Case Management der Hochschule Bremen hat Compass eine stichprobenartige Befragung von Pflegebedürftigen und Angehörigen gemacht, die sich an die Pflegeberatung gewandt hatten. Ausgewertet wurden 436 Fragebögen. Außerdem hat das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung die Qualifizierung der Berater evaluiert.

Eigenständiges Angebot an telefonischer Beratung und aufsuchender Pflegeberatung

Medicproof

Medicproof, der medizinische Dienst der privaten Krankenversicherer, hat im vergangenen Jahr insgesamt 120 895 Pflegegutachten erstellt, das waren 3,6 Prozent mehr als 2009.

Für 2011 rechnet Geschäftsführerin Dr. Ulrike Diedrich mit einem weiteren Anstieg um mindestens drei Prozent.

"Da die Zahl der Pflegebedürftigen und damit auch die Begutachtungsaufträge weiter steigen, sind wir bemüht, unser Gutachternetz von annähernd 800 freiberuflich tätigen Ärzten kontinuierlich auszubauen", sagt sie.

Bei 34,5 Prozent der Gutachten im Jahr 2010 ging es nach Angaben von Medicproof um die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu einer Pflegestufe.

32,2 Prozent erfolgten zur Überprüfung einer vom Versicherten gemeldeten Veränderung des Pflegeaufwands oder der Pflegesituation.

Die PKV-Unternehmen beteiligen sich nicht am Modell der Pflegestützpunkte, sondern halten seit Anfang 2009 ein eigenständiges Angebot vor. Es setzt sich aus einer telefonischen Beratung und einer aufsuchenden Pflegeberatung zusammen.

Die aufsuchende Beratung übernehmen bundesweit 21 Teams, in denen zwischen zwei und zehn festangestellte Beraterinnen und Berater tätig sind. 93 Prozent von ihnen haben eine pflegefachliche Grundausbildung absolviert, 20 Prozent sind zertifizierte Case Manager.

Die Compass-Mitarbeiter haben im vergangenen Jahr 63 000 Beratungsgespräche geführt. Knapp 70 Prozent der Pflegebedürftigen und 50 Prozent der Angehörigen haben auf die aufsuchende Pflegeberatung zurückgegriffen. Die weit überwiegende Zahl der Klienten war nach der Auswertung mit den Gesprächen zufrieden. 90 Prozent empfanden die aufsuchende Pflegeberatung als hilfreich.

Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten

"Der Sicherstellung und Aufrechterhaltung der häuslichen Versorgung und Betreuung kommt in der Beratung die größte Bedeutung zu", heißt es im Bericht. Demnach geht es vor allem um die Analyse der Ist-Situation und die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten.

"Fragen zur Antragstellung, zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit, zur Bereitstellung von Hilfsmitteln, zu Kombinationsleistungen und zur Finanzierung von Umbaumaßnahmen bilden den Schwerpunkt."

Die meisten Klienten hatten durch ihren privaten Krankenversicherer von dem Beratungsangebot erfahren. 75,7 Prozent nahmen es wegen allgemeiner Fragen zur Pflege in Anspruch, 66,3 Prozent wegen Fragen zur Begutachtung. 54,8 Prozent wollten etwas über Hilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen wissen.

Compass sieht den Bericht als Beleg dafür, dass die Entscheidung für ein eigenes Beratungsangebot richtig war. "Wenn sich die PKV dem Modell der Pflegestützpunkte angeschlossen hätte, wäre es viel schwieriger gewesen, die Anforderungen der Bundesregierung zu erfüllen", sagt Sprecherin Dr. Sylke Wetstein.

"Wir sind aber auf einem guten Weg"

Die Evaluation habe zwar auch einige Schwachstellen aufgezeigt. "Wir sind aber auf einem guten Weg", sagt Wetstein. Die gesetztlichen Kassen hätten eigentlich bis zum 30. Juni eine Evaluation der Erfahrungen mit der Pflegeberatung vorlegen müssen.

Der GKV-Spitzenverband hat nach eigenen Angaben eine Fristverlängerung beantragt und erhalten. Der Bericht soll aber in wenigen Tagen vorliegen.

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