Heiß diskutiertes Thema

Ist der Roboter der Arzt unseres Vertrauens?

"Dr. Algorithmus: Arzt unseres Vertrauen?" war am Dienstag das Thema der "Kontroversen Mittagspause" bei der KBV. Tenor der Veranstaltung: Viel Potenzial für E-Health, doch auch viele Hürden.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Angeregte Diskussion in der „Kontroversen Mittagspause“: der Informatiker Professor Klaus Juffernbruch, Moderator Philipp Grätzel von Grätz, KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel (von links).

Angeregte Diskussion in der „Kontroversen Mittagspause“: der Informatiker Professor Klaus Juffernbruch, Moderator Philipp Grätzel von Grätz, KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel (von links).

© Helmut Laschet

BERLIN. Künstliche Intelligenz wird Ärzte künftig dabei unterstützen, mit größerer Sicherheit und vor allem mit Zeitgewinn Diagnosen zu stellen und daher einen Beitrag zu leisten, um Zeit zur Versorgung von mehr Patienten oder Zeit für mehr persönliche Zuwendung zum Patienten zu gewinnen. So die These des Mediziners und Informatikers Professor Klaus Juffernbruch am Dienstag in der "Kontroversen Mittagspause" der KBV in Berlin.

Dem Optimismus steht allerdings entgegen, dass neue Technologien, insbesondere auch aus der Telemedizin, in Deutschland nur sehr langsam Eingang in die Regelversorgung finden – auch deshalb, weil gesetzliche Normen hohe Hürden setzen, wie KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel zugeben musste.

Für den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Medizin gibt es inzwischen konkrete Beispiele: So schafft es ADA, ein mit Algorithmen hinterlegter Symptomchecker, mit bildgebenden Verfahren gewonnene Befunde innerhalb von 15 Sekunden auszuwerten, während Kardiologen dazu 30 Minuten brauchen.

Banale Krankheiten?

In den USA, so Juffernbruch, sei ein handliches Gerät zur Diagnose von 13 Krankheiten im Einsatz, das auch vor allem von Patienten genutzt werden kann. Den Einwand, die Krankheiten seien derart banal, dass ein Arzt innerhalb von 45 Sekunden die Diagnose stellen könne, lässt der Arzt und Informatiker nicht gelten.

Vernachlässigt werde dabei die Patientenperspektive: Terminvereinbarung beim Arzt, Zeitaufwand für die Fahrt und das Warten in der Praxis. Ein digitaler Vorab-Check könne das in vielen Fällen ersparen.

In diese Richtung zielt jetzt ein Modellversuch in Baden-Württemberg, wo durch eine Modifikation des Fernbehandlungsverbots beispielhaft in der Notfallversorgung auch eine Erstberatung telefonisch erlaubt werden soll – wie in der Schweiz längst üblich.

Deutschland noch nicht bereit

Deutschland sei regulatorisch auf die neuen Technologien nicht gut vorbereitet, kritisierte Juffernbruch, der auch der Expertenrunde "Intelligente Gesundheitsnetze des Digital-Gipfels der Bundesregierung angehört.

Als Beispiele nennt er:

  • Den Wildwuchs von inzwischen weit mehr als 100.000 völlig ungeprüften Apps;
  • Eine viel zu langsame Öffnung der ärztlichen Selbstverwaltung für neue Versorgungsstrukturen, vor allem im Berufsrecht.
  • Die neu ins Arzneimittelgesetz aufgenommene Verpflichtung des Apothekers zu überprüfen, ob der Patient ein Rezept nach persönlicher Konsultation des Arztes erhalten habe.

KBV-Vorstand Kriedel bestätigt das zum Teil. Ein wesentliches Hemmnis sei auch die Vergütungssystematik im Rahmen der geltenden Budgetierung. Kriedel betonte auch, dass KI-Systeme den Arzt nur unterstützen, aber nicht ersetzen können.

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