DMEA 2019

Digitale Patienten-Zwillinge – Option für die Zukunft?

Bei der Health-IT-Fachmesse DMEA in Berlin wird vor zu viel Euophorie vor KI-basierter Medizin gewarnt.

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BERLIN. Das Potenzial, das der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der medizinischen Versorgung verspricht, lässt die Fantasie von Branchenvertretern blühen – zum Beispiel auf der gegenwärtig in Berlin stattfindenden Health-IT-Fachmesse DMEA.

Dort diskutierten Experten, ob in Zukunft an Avataren oder „Digital Twins/digitalen Zwillingen“ bestimmte Behandlungen getestet werden können und was die Medizin von Fitness-Apps lernen kann. Die Fitness-App Smart4Fit zum Beispiel sammelt via Wearables Daten zu Parametern wie Herzschlag, verbrauchte Kalorien oder gelaufene Kilometer.

Dr. Nenad Stojanovic, CEO des Nissatech Innovation Centers, stellte bei der Podiumsdiskussion unter dem Motto „Jeder Mensch hat einen Doppelgänger – Personalisierte Medizin und Digital Twins“ den Digital Fitness Twin vor. Geschaffen werde die digitale Nachbildung eines realen Anwenders.

Mit persönlichen Fitnessanalysen werden seine Leistungen während des Trainings untersucht und der Trainingsplan dynamisch an seine Tagesform angepasst, so Stojanovic.

Der digitale Zwilling des Anbieters Siemens Healthineers stellte sich im vergangenen Jahr als ein Highlight des zweiten Digital-Gipfels der Bundesregierung in Nürnberg heraus. Konkret ist es die Aufgabe des digitalen Zwillings – respektive der dort integrierten KI – Big Data systematisch auszulesen und mittels Deep Learning Behandlungsempfehlungen zu geben, um die Ansprechrate bei Patienten mit kardialer Resynchronisationstherapie (CRT) als Therapieoption bei Herzinsuffizienz zu steigern.

Hat diese Art der personalisierten Analyse also eine Zukunft im Versorguingsalltag? Können zum Beispiel Wirkungsweise und Dosierung von Medikamenten bald anhand eines digitalen Zwillings getestet werden? Professor Frederick Klauschen, geschäftsführender Oberarzt am Institut für Pathologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin und diplomierter Physiker, warnte in Berlin vor zu früher Euphorie und zu hohen Erwartungen an einen zeitnahen KI-Einsatz in der Medizin.

„Ein allumfassendes Simulationsmodell und einen ‚Doc Data‘, wie man ihn aus Science Fiction-Filmen kennt, wird es meiner Einschätzung nach zumindest in den kommenden Dekaden nicht geben“, so Klauschen. Wohl aber ist der Pathologe überzeugt, dass es immer bessere KI-basierte Assistenzsysteme geben wird, die Ärzten einfache Fälle abnehmen, damit ihnen mehr Zeit für die schwierigen bleibt.

Professor Boris Otto, Geschäftsführender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik (ISST), warb für seine Idee, wonach Nutzer irgendwann Zugriff auf ihren digitalen Zwilling an einem sicheren Ort haben sollen – und selbst bestimmen können, wer auf die Daten zugreift. (maw)

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