Gericht verurteilt Apotheker zu Bewährungsstrafe

Ein Apotheker aus Rastatt hatte 20 Krankenversicherungen betrogen.

Von Ulrich Willenberg Veröffentlicht:
Der verurteilte Apotheker hat inzwischen 120.000 Euro an die gschädigten Kassen zurück gezahlt.

Der verurteilte Apotheker hat inzwischen 120.000 Euro an die gschädigten Kassen zurück gezahlt.

© styleuneed / fotolia.com

MANNHEIM. Über Jahre hinweg hatte ein Apotheker aus Rastatt mehrere Krankenkassen betrogen. Er importierte Arzneien zur Krebstherapie, die in Deutschland nicht zugelassen oder nicht verkehrsfähig waren.

Die Mannheimer Wirtschaftsstrafkammer verurteilte den 50-Jährigen jetzt zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten. Zudem muss er als Auflage 200.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen.

Der Angeklagte habe 20 Krankenversicherungen um rund 420.000 Euro geschädigt, sagte die Richterin Claudia Kreis-Stephan (wir berichteten).

Der Apotheker hatte in einem Speziallabor nach ärztlicher Anweisung Infusionslösungen für Krebskranke hergestellt. Die hierfür benötigten Wirkstoffe, so genannte Zytostatika, bezog der Angeklagte aus dem Ausland. Und das zu einem Einkaufspreis, der etwa 30 Prozent unter dem in Deutschland lag.

Davon profitierte jedoch nur der Apotheker, nicht aber die Krankenkassen. Denen stellte er den hierzulande üblichen, viel höheren Listenpreis in Rechnung. Vor Gericht räumte er ein, den "Einkaufsvorteil" für sich behalten zu haben.

Außerdem waren manche der verwendeten Arzneien in Deutschland nicht "verkehrsfähig". Um gefälschte Medikamente habe es sich aber nicht gehandelt, so die Richterin. Zudem verwendete der Angeklagte ein importiertes Generikum. Das war in Deutschland gar nicht zugelassen, da noch Patentschutz für das Original bestand. Die Kassen machte der Apotheker aber Glauben, er habe das einzig zugelassene teure Medikament eingekauft. Der Angeklagte sei verpflichtet gewesen, das Originalpräparat zu verwenden, so die Richterin. "Man kann nicht hingehen und etwas abrechnen, was nicht gelistet ist."

An einen Irrtum des 50-Jährigen vermochte das Gericht nicht zu glauben: "Er wusste genau, was er tat", sagte die Vorsitzende. Im Zweifel hätte er sich bei den Krankenkassen oder der Apothekerkammer informieren können.

Zwar beträgt der tatsächliche Schaden für die Krankenkassen "nur" rund 120.000 Euro. Hierbei handelt es sich um den Preisvorteil von rund 30 Prozent für die Importware, den der Apotheker nicht an die Versicherungen weitergab. Das Gericht geht aber von einem "normativen Schaden" in Höhe von 420.000 Euro aus.

Die gesamte Summe hat der Angeklagte mittlerweile den betreffenden Krankenkassen erstattet. Damit sei der Schaden "komplett wieder gut gemacht", so das Gericht. "Solche Dinge werden nicht wieder vorkommen", zeigte sich die Vorsitzende überzeugt und sah von einem Berufsverbot ab.

Die Zulassung für sein Speziallabor für Zytostatika hat der Apotheker inzwischen zurückgegeben. "Das zeugt von einer gewissen Einsicht", glaubt die Richterin.

Die Verteidiger hatten Freispruch gefordert. Ob sie Rechtsmittel einlegen werden, ist noch offen. Auch andere Apotheker sollen Krankenkassen in ähnlicher Weise geschädigt haben. Bundesweit laufen deshalb mehrere Verfahren, sagte Staatsanwalt Reinhard Kollmar. Gegen einen Apotheker in Südbaden sei bereits ein Strafbescheid ergangen.

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