Künstliche Befruchtung

PKV muss für unverheiratete Paare zahlen

Richter entscheiden: Eheklausel ist bei Privatversicherung unwirksam.

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Auch ohne völlige Sterilität kann einem Urteil zufolge für in der PKV Versicherte ein Anspruch auf Kostenübernahme bestehen.

Auch ohne völlige Sterilität kann einem Urteil zufolge für in der PKV Versicherte ein Anspruch auf Kostenübernahme bestehen.

© Dmytro Sukharevskyy / Fotolia

KARLSRUHE. Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe ist die Beschränkung der Kostenerstattung für eine künstliche Befruchtung auf Ehepaare in der PKV unzulässig. Dort gebe es – anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung – hierfür keinen rechtfertigenden Grund. Danach kann zudem auch ohne völlige Sterilität ein Anspruch auf Kostenübernahme bestehen, wenn eine Schwangerschaft mit hohen Risiken verbunden wäre.

Revision zum BGH zugelassen

Die Klägerin kann auf natürlichem Wege schwanger werden. Wegen einer chromosomalen Veränderung liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft und ein gesundes Kind dann aber unter 50 Prozent. Noch vor ihrer Ehe hatte sie daher versucht, durch künstliche Befruchtung schwanger zu werden. Dies scheiterte. Die private Krankenversicherung der Frau weigerte sich, die Kosten zu übernehmen. Laut Versicherungsbedingungen bestehe ein entsprechender Anspruch nur für verheiratete Paare. Zudem müsse ein Partner "organisch steril" sein. Das sei hier nicht der Fall, weil die Frau ja schwanger werden könne. Auf die Klage der Frau räumte das OLG beide Hindernisse beiseite. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ es aber die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Nur wirtschaftliche Interessen

Während die PKV die Kosten für eine künstliche Befruchtung in der Regel voll übernimmt, gibt es in der GKV nur einen hälftigen Zuschuss. Die Beschränkung auf Ehepaare ist dort gesetzlich vorgegeben.

Nach Überzeugung des Gerichts ist dies in der PKV aber unwirksam. Zwar könne der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung aus gesellschaftspolitischen Erwägungen vorgeben. Private Versicherer würden aber "ausschließlich wirtschaftliche Interessen" verfolgen. "Vor diesem Hintergrund ist die Unterscheidung zwischen verheirateten und unverheirateten Versicherten mit Kinderwunsch aber willkürlich und die Vertragsbestimmung damit unwirksam." Auch dass die Klägerin auf natürlichem Wege schwanger werden könne, stehe einer Kostenerstattung nicht entgegen. Zur Begründung verwies das OLG auf das hohe Risiko durch die mögliche genetische Schädigung der Eizelle. Dies sei eine Krankheit, für die die Versicherung einstehen müsse. (mwo)

Urteil des OLG Karlsruhe:

Az.: 12 U 107/17

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