Klage gegen Approbationsentzug

Umstrittener Kardiologe darf als Arzt weiterarbeiten

Der wegen Abrechnungsbetrugs auf Bewährung verurteilte Herzspezialist Professor Karl-Heinz Kuck hat mit Erfolg gegen den Entzug seiner Arztzulassung geklagt. Die KV Hamburg empört sich: „Sonderrecht für Promi-Ärzte?“

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Der Chefarzt der Kardiologie an der Asklepios-Klinik St. Georg, Professor Karl-Heinz Kuck, räumt Fehler bei seiner KV-Abrechnung ein.

Der Chefarzt der Kardiologie an der Asklepios-Klinik St. Georg, Professor Karl-Heinz Kuck, räumt Fehler bei seiner KV-Abrechnung ein.

© Daniel Bockwoldt / dpa / picture-alliance

HAMBURG. Professor Karl-Heinz Kuck ist in Hamburg eine Berühmtheit. Der Chefarzt am Asklepios-Klinikum St. Georg hat schon Prominente wie Helmut Schmidt, Udo Lindenberg oder David Bowie behandelt. Nach einer Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs wollte ihm die Gesundheitsbehörde der Hansestadt nun die Approbation entziehen. Allerdings ohne Erfolg: Das Verwaltungsgericht Hamburg gab jetzt der Anfechtungsklage Kucks statt.

Hintergrund: Vor zwei Jahren hatte der renommierte Mediziner einen Strafbefehl des Amtsgerichts wegen Abrechnungsbetrugs in 15 Fällen akzeptiert – zwei Jahre Haft auf Bewährung und 100.000 Euro Geldstrafe. Ihm war vorgeworfen worden, im Rahmen einer Ermächtigung Leistungen – unter anderem Herzschrittmacherkontrollen – mit der KV abgerechnet zu haben, die nicht durch ihn persönlich, sondern durch nachgeordnete Ärzte erbracht wurden.

Honorar längst zurückgezahlt

Damit verstieß er gegen das Prinzip der persönlichen Leistungserbringung, die jeder mit der KV abrechnende Arzt obligatorisch bei seiner Unterschrift unter die Abrechnung bestätigt. Das von Kuck mit der KV Hamburg abgerechnete Honorar summierte sich auf 150.000 Euro in vier Jahren. Dieser Betrag wurde von Kuck inzwischen an die KV zurückgezahlt.

Dennoch nahm die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz den Strafbefehl zum Anlass, Anfang 2018 die Approbation des heute 66-Jährigen wegen „Unwürdigkeit“ zu widerrufen. Nach einer Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts gilt ein Arzt als „unwürdig“, „wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist.“

Die Entscheidung der Gesundheitsbehörde wurde in Hamburg kontrovers diskutiert. Etliche ärztliche Kollegen und Prominente solidarisierten sich mit Kuck und appellierten an Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), den Widerruf noch einmal zu überdenken.

Abrechnungsbetrug genügt nicht

Das Verwaltungsgericht Hamburg entschied nun, dass der Approbationswiderruf rechtswidrig war. In der mündlichen Urteilsbegründung vertritt der Vorsitzende Richter Dietrich Hölz die Ansicht, dass allein die Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs nicht genüge, um einen Approbationswiderruf zu rechtfertigen. Das Gericht habe keine Zweifel an der Berufswürdigkeit des Chefarztes, so Hölz.

Die falsche Abrechnung sei nicht auf ein „Bereicherungsstreben“ Kucks zurückzuführen, sondern eher auf „Unvernunft“. Diese sei allerdings keineswegs allein Kuck anzulasten. Unvernünftig hätten vielmehr auch sein Arbeitgeber Asklepios sowie die KV gehandelt. Hölz: „Wie kann man von einem Chefarzt erwarten, dass er Leistungen eigenhändig erbringt, die genauso gut von nachgeordneten Ärzten und teilweise sogar nicht-ärztlichem Personal durchgeführt werden können?“

Kucks Anwälte, Professor Martin Stellpflug und Dr. Maximilian Warntjen, hatten in der Verhandlung argumentiert, Kuck habe als Chefarzt „sämtliche Patientengruppen unterschiedslos gleichbehandelt, nämlich immer nach medizinischen Erfordernissen“. Damit, so Stellpflug, sei er „in den Augen eines durchschnittlichen Patienten nicht unwürdig“. Kuck selbst räumte vor Gericht ein, nicht erkannt zu haben, „dass die Ermächtigung mein persönliches Tätigwerden erfordert – das war mein Fehler“.

KV-Chef Plassmann verärgert

Die KV Hamburg reagierte prompt auf den Vorwurf des Vorsitzenden Richters an ihre Adresse. „Jeder Vertragsarzt muss bei kleinsten Fehlern mit Sanktionen rechnen, selbst wenn es sich um bloße Formalien handelt – nur für Chefärzte soll das nicht gelten?“, ärgert sich KV-Chef Walter Plassmann.

Die Bestätigung bei der Abrechnung, die angesetzten Leistungen persönlich erbracht zu haben, sei „eine gesetzliche Vorgabe und keine Schikane der KV“. Plassmann: „Es ist unfassbar, dass uns jetzt ein Richter sagt, wir sollen es dabei mal nicht so genau nehmen. Im Fall Kuck wird mit zweierlei Maß gemessen – das ist unerträglich und ein Affront gegenüber allen Ärzten, die peinlich darauf achten, der Unmenge an gesetzlichen Vorschriften Herr zu werden.“

Plassmanns rhetorischer Frage, „Sonderrecht für Promi-Ärzte?“, widersprechen allerdings Kucks Anwälte. Von einem „Promi-Bonus“ könne keine Rede sein. Das Gericht habe „schlicht und einfach die Vorgabe des Bundesverwaltungsgerichts umgesetzt, wonach immer alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen“, argumentiert Warntjen.

Es gebe „keinen Automatismus“, ergänzt Stellpflug, „wonach eine Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs stets zum Approbationsentzug führt. Von daher betritt die Entscheidung auch kein rechtliches Neuland.“

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