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Mehrheit weiß nichts vom Recht auf Zweitmeinung

Schon heute bieten einige Kassen ihren Versicherten ein Recht auf Zweitmeinung an. Sie halten die Regelung im VSG für einen Rückschritt.

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Der zweite Befund unterscheidet sich oftmals von der ersten Diagnose, so die BKK.

Der zweite Befund unterscheidet sich oftmals von der ersten Diagnose, so die BKK.

© endostock / fotolia.com

BERLIN. Experten zeigen sich enttäuscht, dass im Versorgungsstärkungsgesetz nur in bestimmten Fällen ein Recht auf eine Zweitmeinung festgeschrieben werden soll.

"Das Recht auf Zweitmeinung wird durch die Formulierung im Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) deutlich eingeschränkt", kritisiert zum Beispiel Dr. Ilona Köster-Steinbach vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Nach Ansicht der vzbv-Referentin für Qualität und Transparenz hätte der Gesetzgeber ein generelles Recht auf Zweitmeinung für Versicherte und eine Informationspflicht des Arztes bei mengenanfälligen Leistungen festschreiben müssen, sagte sie auf einer Tagung des BKK-Dachverbandes zum Zweitmeinungsverfahren.

Nach derzeitigem Stand sieht der Gesetzgeber kein allgemeines Recht auf Zweitmeinung vor, sondern es muss sich um eine "Indikation zu einem planbaren Eingriff handeln, bei dem insbesondere im Hinblick auf die zahlenmäßige Entwicklung seiner Durchführung die Gefahr einer Indikationsausweitung nicht auszuschließen ist" (Paragraf 27b VSG).

"Auch die BKKen halten diese enge Formulierung für rückwärts gerichtet", so Franz Knieps, Vorstand des BKK-Dachverbandes.

Abweichungen in den Meinungen nicht selten

Nutzung von Zweitmeinungen

25 Prozent der Bundesbürger kennen ihr Recht auf Zweitmeinung nicht.

15 Prozent glauben, sie müssten selbst dafür aufkommen.

Fast ein Drittel der Kassen bietet derzeit ein Zweitmeinungsverfahren an.

Die BKK PwC bietet ihren rund 20.000 Versicherten bereits seit Januar 2014 Verfahren zur Zweitmeinung bei Krebserkrankungen und anstehenden Rückenoperationen an - weitere Krankheitsbilder sollen 2015 folgen.

Ersten Erkenntnissen zufolge weicht ein Großteil der Zweitmeinungen vom ersten Befund ab, erläuterte Lars Grein, Vorstand der BKK PwC.

Insbesondere Zweitmeinungen kleinerer Kliniken im ländlichen Bereich fielen häufig unterschiedlich aus. Insgesamt bieten bislang weniger als ein Drittel der Kassen Zweitmeinungsverfahren an.

Dabei, betonte Dr. Udo E. Beckenbauer vom Vorstand der HMO AG, "entsprechen Zweitmeinungen unserer Zeit".

Fallmanager des Gesundheitsdienstleisters bieten Patienten mit Krebsdiagnosen die komplette Organisation des Verfahrens an. Derzeit decken laufende Verträge zwischen HMO und Kassen mehr als zwei Millionen Versicherte ab, die eine Zweitmeinung einholen können.

Die Abrechnung erfolgt zwischen HMO und Kasse über gesonderte Verträge.

Vor zu hohen Erwartungen an Zweitmeinungsverfahren warnte Kardiologe Professor Hartmut Gülker. "Kern sollte die leitliniengerechte Medizin und deren Umsetzung sein", betonte er. (mam)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Zweitmeinung zweitrangig?

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