Werbeverbotsliste: Gemeiner Datenklau oder sinnvolle Innovation?

Streit um neuen Adresshandel-Service: Die Verbraucherzentrale misstraut der Internetplattform "werblich.de".

Von Eckhard Stengel Veröffentlicht:
Nur erwünschte Werbung soll in den Briefkasten der Nutzer von "werblich.de". © Guy Erwood / fotolia.com

Nur erwünschte Werbung soll in den Briefkasten der Nutzer von "werblich.de". © Guy Erwood / fotolia.com

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BREMEN. Neue Masche von Datenfischern - oder sinnvolle Innovation zum Kanalisieren von Werbesendungen? Eine neue Internetplattform namens "www.werblich.de" will angeblich dafür sorgen, dass Verbraucher vor unerwünschter Werbung geschützt und nur noch von selbst ausgewählten Firmen mit Reklame beliefert werden. Die Verbraucherzentrale Bremen fürchtet jedoch, dass die Betreiber vor allem aktuelle Daten abfischen wollen.

Das von der Filderstädter "Direct Marketing Company" (DMC) betriebene System funktioniert nach Darstellung von DMC-Geschäftsführer Stephan Wörösch so: Alle Volljährigen können sich bei "werblich.de" kostenlos in eine "Werbeverbotsliste" eintragen lassen. DMC sendet die jeweils aktuelle Liste alle 14 Tage an rund 300 Adresshändler in Deutschland, Österreich und der Schweiz und übermittelt ihnen damit die Botschaft, dass sie mit den Daten der eingetragenen Personen nicht mehr handeln dürfen.

Hier setzt die Kritik der Bremer Verbraucherschützer an: Rechtsberater Gerrit Cegielka fürchtet, dass sich die Adresshändler nicht an das Verbot halten, sondern sich über die aktuellen Daten freuen - zumal jeder Nutzer von "werblich.de" sich mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet, seine Anmeldedaten "auf dem aktuellen Stand zu halten".

Zu diesen Angaben zählen nicht nur Name und Anschrift, sondern auch Geburtsdatum, Mailadresse und Telefonnummer. Wörösch versichert allerdings, dass auf der Verbotsliste für die Adresshändler nur Name und Anschrift erscheinen.

Dass er keine Garantie für das Befolgen des Verbots abgeben kann, räumt der DMC-Chef ein. Aber wenn die Händler dagegen verstießen, könne der Kunde ja mit einem Anwalt dagegen vorgehen - freilich auf eigenes Kostenrisiko.

Bekanntlich können Verbraucher auch mit einem Eintrag in sogenannte Robinsonlisten kundtun, dass sie nicht mit Werbung behelligt werden wollen. "Da gilt aber nur Schwarz oder Weiß", sagt Wörösch. Bei seinem System dürften die Kunden dagegen differenzieren: Sie könnten anhand einer vorgegebenen Unternehmensliste angeben, von wem sie weiterhin Werbung erhalten möchten. Diese "Wunschunternehmen" würden den Kunden dann sogar einen Bonus zahlen. Je nach Firma könnten das mal zwölf Cent, mal bis zu 20 Euro sein, so Wörösch.

Laut Geschäftsbedingungen wird die Prämie allerdings erst fällig, wenn "das Unternehmen den Verbraucher akzeptiert" und tatsächlich eine erste "Werbeansprache" zustande gekommen ist. Ausgezahlt werden die Prämien erst, wenn sich mindestens 15 Euro angesammelt haben.

DMC kommt laut Wörösch selber aus dem klassischen Adresshandel. "Wir wandeln uns aber gerade vom Saulus zum Paulus", versichert der Firmenchef.

Cegielka meint dagegen: Der Schutz vor lästiger Werbung werde nur vorgegaukelt, und die Verbraucher würden "mit nebulösen Boni-Zahlungen zur Preisgabe persönlicher Daten animiert". Sie dürften sich dann "nicht nur über unbestellte, sondern zukünftig auch über bestellte Werbung freuen".

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