E-Fallakte wird zum festen Therapietool

Sektorengrenzen kennt die elektronische Fallakte nicht - theoretisch. Doch in der Praxis fehlten bisher häufig technische Schnittstellen zwischen Klinik- und Praxis-IT. Inzwischen haben die Praxissoftware-Häuser nachgerüstet.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
E-Fallakten sollen unabhängig von der Praxis-IT schnellen Zugriff auf Behandlungsdaten erlauben.

E-Fallakten sollen unabhängig von der Praxis-IT schnellen Zugriff auf Behandlungsdaten erlauben.

© M. Wisniewska / fotolia.com

Für viele Ärztenetze gehört das Arbeiten mit der elektronischen Fallakte (eFA) längst zum Standard. Vor allem dann, wenn die Netze auch mit Kliniken kooperieren. Doch auch für niedergelassene Ärzte, die nicht in einem Netz organisiert sind oder mit Partnern außerhalb ihres Ärztenetzes die Technik nutzen wollen, gibt es Möglichkeiten, auf eine eFA zuzugreifen. Oder gar selbst eine Akte zu erstellen. Helfen sollen dabei spezielle Adapter- und Weblösungen.

Dabei kann zunächst Entwarnung gegeben werden. Die elektronische Fallakte gehört zwar zu den Mehrwertdiensten, die die elektronische Gesundheitskarte (eGK) einmal schmücken sollen - so hat es die gematik (die Betreibergesellschaft der Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen) bereits im Sommer 2010 beschlossen. Aber entwickelt wurde sie nicht etwa von der gematik. Die Idee stammt direkt aus dem ärztlichen Bereich.

2006 gründeten mehrere private Klinikketten und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) eine Projektinitiative, um die Kommunikation zwischen stationärem und ambulantem Bereich zu verbessern. Bereits zwei Jahre später konnte die Initiative die vom Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik (ISST) entwickelte EFA-Spezifikation präsentieren.

2009 ging aus der Initiative dann der Verein elektronische FallAkte e.V. hervor, der seither das Projekt eFA aktiv vorantreibt.

Die Schnittstelle steht allen Systemhäusern offen

Dabei wurde die eFA-Spezifikation - anders als es gerade bei Arzt- und Klinik-IT-Modulen häufig der Fall ist - von dem Verein vollständig und lizenzfrei offengelegt. Mit dem Ziel, hier einen einheitlichen Standard für den medizinischen Informationsaustausch zwischen den Sektoren zu schaffen.

Denn genau daran hapert es oft: Praxisverwaltungs- (PVS) und Klinikinformationssysteme (KIS) besitzen in der Regel keine einheitlichen Schnittstellen für den schnellen Informationsaustausch zwischen Klinikarzt und niedergelassenem Arzt.

Die eFA löst dieses Problem. Auch, weil die Fallakte keine lebenslange geführte Patientenkartei ist. Sie bezieht sich auf einen gemeinsamen Behandlungsfall und soll auch nur die hierfür relevanten Daten zur Verfügung stellen. Wobei diese Daten nicht an einem zentralen Ort abgelegt werden. Befunde, Op-Berichte, Arztbriefe etc. bleiben dort gespeichert, wo sie sind, also im Praxis- oder Kliniksystem.

Die Fallakte ist lediglich ein strukturiertes Inhaltsverzeichnis, das den schnellen Zugriff auf die Daten via gesicherter Internetverbindung zulässt.

Allerdings, das bestätigt nicht nur der Verein elektronische Fallakte, sondern auch Michael Franz von der CompuGroup Medical Deutschland GmbH, sind viele Arztpraxen - im Gegensatz zu den Kliniken - nicht rund um die Uhr online, auch wenn die Anbindung über ein sicheres Netz erfolgt.

Daher böten die Provider von eFA-Plattformen auch die Möglichkeit, Dokumentenkopien für eine befristete Zeit beim Provider zu hinterlegen.

Der Zugang zu eFA ist aber auch für niedergelassene Ärzte mittlerweile recht einfach, weil die PVS-Anbieter mitziehen. So erklärt Lars Wichmann von der Frey ADV GmbH, dass das Softwarehaus das Projekt des Fraunhofer Instituts unterstütze und hier in einem engen Kontakt mit dem Institut stehe.

Bei den Arztinformationssystemen der CompuGroup Medical (CGM), zu denen etwa Medistar und TurboMed gehören, gibt es eine Direktanbindung an die Telematikplattform jesaja.net eFA. Über diese Plattform könnten Ärzte Daten direkt aus ihrem PVS an einen eFA-Provider übermitteln, erklärt Michael Franz. Das heißt, sie müssen nicht parallel in einem anderen System arbeiten, um Daten in die eFA einzustellen oder zu lesen.

Adapter oder doch die SafeNet-Lösung?

Aber auch übers KV SafeNet lässt sich die elektronische Fallakte mittlerweile nutzen. Als erster Anbieter wurde die HealthCare IT Solutions GmbH von der KBV hierfür zertifiziert. Das Unternehmen ist eine 100-prozentige Tochter des Universitätsklinikums Aachen, das schon länger eFA-Projekte betreibt.

Der Anschluss funktioniert wie folgt: Ärzte loggen sich übers KV SafeNet - und zwar über ihren jeweiligen SafeNet-Anbieter - auf dem Portal FallAkte Plus des Unternehmens ein. Per Benutzerkennung und Passwort können sie dann auf Fallakten, für die sie zugelassen sind, zugreifen oder solche anlegen.

Es ist aber auch möglich, sofern die Praxissoftware über eine eFA-Schnittstelle verfügt, direkt über die Praxissoftware auf das Portal zuzugreifen. Außerdem bietet das Unternehmen einen Zugang via Webbrowser - etwa über den Microsoft Internet Explorer - an. Auch dann würde eine gesicherte Internetverbindung aufgebaut, heißt es vonseiten der HealthCare IT Solutions GmbH.

Ganz ähnlich läuft der Zugriff bei anderen eFA-Plattform-Anbietern ab. So kann die Plattform von iSoft, iSoft eCR, über einen Adapter direkt in die Praxissoftware integriert werden. Allerdings müsse dies der PVS-Anbieter übernehmen, sagt Maria Nadj-Kittler von iSoft.

Dazu müsse sich das Softwarehaus bei iSoft lizenzieren lassen. Mit dem PVS-Anbieter medatixx habe man bereits eine Integration des iSoft eCR-Adapters in dessen PVS vereinbart, so Nadj-Kittler. Ansonsten können Ärzte wieder über die Web-Portallösung zugreifen. Bei iSoft muss dann aber ein Netz oder eine Klinik als Provider auftreten und den nötigen Speicherplatz sowie die nötige Netzanbindung für die eFALösung bereitstellen.

Und genau bei letzterem liegt häufig das Problem - viele eFA-Projekte brauchen eine größere Einheit im Gesundheitsbereich, die als Provider auftritt. Denn die Kosten für die nötige Telematikinfrastruktur tragen nicht immer die Systemhäuser.

Und in der Regel stellen sie zwar die technischen Lösungen bereit, die TTelamtikinfrastrukturmit Webserver etc. müssen aber andere Einrichtungen vorhalten. Und das können sich bislang häufig nur große Klinikhäuser leisten. Eine Hausmarke für die Kosten dieser iInfrastruktur

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