Die Meinung
König Kunde – Latte liegt hoch
Bei der Zurich Deutschland gibt es aktuell eine interessante Situation: Der Versicherer hat 51 Prozent an der ADAC Autoversicherung an die Allianz verkauft. Die Autoversicherung hat keine Mitarbeiter, sie wird von Angestellten des Clubs und der Zurich verwaltet – seit 1. Januar 2019 ist die Allianz Mehrheitseigner. Noch sitzen im Büro der Zurich in Köln Zurich-Angestellte, die jetzt Policen für ein Allianz-Unternehmen verkaufen und betreuen.
Das zeigt: Die Zurich hat die Verträge verwaltet, aber die Kunden waren nie ihre – sondern die des ADAC. Die meisten Versicherer haben keine direkte Kundenbeziehung. Traditionelle Anbieter hatten bislang mit Kunden nur beim Kassieren und im Schadensfall zu tun, die Betreuung organisierten Makler und Vertreter.
Jetzt soll alles anders werden. Mit Apps und Plattformen wollen die Gesellschaften vom Schadenzahler zum lebenslangen Begleiter werden. Ich fürchte, die meisten werden scheitern. Denn sie können nur Erfolg haben, wenn die Versicherer attraktiv wären im Wettbewerb mit anderen Anbietern digitaler Ökosysteme. Bislang ist davon wenig zu spüren.
Die besten Voraussetzungen haben private Krankenversicherer, wenn sie mit Gesundheitsdienstleistern kooperieren. Doch die Latte liegt hoch. Banken, Fitnessketten, Reiseveranstalter – viele mögliche Partner. Wer früh kommt und attraktive Produkte anbietet, kann gewinnen. Aber wer als Versicherer erwartet, dass ihm der Kunde dann „gehört“, liegt falsch. Der Trend geht in Richtung Zulieferer.
Herbert Fromme ist Wirtschaftsjournalist in Köln.