Gewalt in der Pflege

Ein unlösbares Problem?

Aggression, Beschimpfungen, Handgreiflichkeiten: Wie können sie in der Pflege verhindert werden? Viele Strategie-Diskussionen laufen ins Leere.

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BERLIN. Das Thema Gewalt kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass sowohl Pflegende als auch Pflegebedürftige gewaltsam handeln können. Oft geschieht dies ohne Vorsatz. Dabei können die Folgen für Betroffene gravierend sein.

Pflegebedürftige, die sich oft schlecht wehren oder nur schwer mitteilen können, sind besonders verletzlich. Gewalt bedeutet für sie zum Beispiel, dass sie beschimpft oder hart angefasst werden, ihnen dringende Hilfe vorenthalten oder ihr Selbstbestimmungsrecht missachtet wird. Hier ist wirksamer Schutz dringend erforderlich.

Für den Vorstandsvorsitzenden des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) Dr. Ralf Suhr gibt es keinen Zweifel: "Gewaltprävention ist Grundvoraussetzung für gute Pflege."

Um neue Anhaltspunkte zur Bedeutung des Themas in der professionellen Pflege zu gewinnen, hat das ZQP eine repräsentative Befragung dazu in der stationären Pflege durchgeführt.

Es gibt nicht nur körperliche Gewalt

47 Prozent der Pflegedienstleitungen und Qualitätsbeauftragten gaben dabei an, dass sie "Konflikte, Aggression und Gewalt in der Pflege" für ein Thema halten, das die stationären Pflegeeinrichtungen vor ganz besondere Herausforderungen stellt.

Das ZPQ erläutert auf seiner Internetseite www.pflege-gewalt.de, wie Gewalt konkret aussehen kann:

- Körperliche Gewalt: grob anfassen, schlagen, kratzen oder schütteln; unbequem hinsetzen oder hinlegen, unerlaubt oder häufig freiheitsentziehende Maßnahmen anwenden.

- Psychische Gewalt: unangemessen ansprechen, etwa anschreien, schimpfen oder rügen, missachten oder ignorieren, demütigen oder beleidigen.

- Vernachlässigung: schlecht pflegen oder medizinisch versorgen, unzureichend im Alltag helfen, emotionale Bedürfnisse übergehen. - Finanzielle Ausnutzung: unbefugt über persönliches Vermögen verfügen, zu Geldgeschenken überreden oder nötigen, Geld oder Wertgegenstände entwenden.

- Intime Übergriffe: Schamgefühle oder Intimsphäre verletzen, sexuelle Andeutungen machen, Intimkontakte verlangen oder erzwingen.

Erfolgreiche Gewaltprävention wichtig

Für ganz besonders wichtig mit Blick auf erfolgreiche Gewaltprävention halten die verantwortlichen Pflegekräfte vor allem eine Fehlerkultur in der Einrichtung (74 Prozent), den Einsatz von mehr Pflegepersonal (50 Prozent) aber auch eine bessere fachliche Ausbildung der Pflegekräfte zu den Themen Konflikte, Aggression und Gewalt sowie spezifische Unterstützungsprogramme (je 44 Prozent).

Das Thema Gewalt in der Pflege hat viele Facetten. So will die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) das Ausmaß von sexualisierter Gewalt gegenüber Beschäftigten im Pflegebereich untersuchen.

Eine Vorstudie habe bereits Hinweise geliefert, dass Belästigungen oder sexualisierte Gewalt in einigen Branchen des Gesundheits- und Sozialwesens "virulent" seien, sagte die Studienleiterin Mareike Adler (BGW). Bisher ist die Datenlage allerdings noch unbefriedigend. (fuh)

Gewalt in der Pflege: Aus Sicht der Patienten, der Pflegenden und Institutionen. Donnerstag, 7. Juni, 9 bis 10.30 Uhr, Raum A 2

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