Mehr Pfleger aus dem Ausland?

Der Fachkräftemangel in Deutschland ist besonders in den Gesundheitsberufen sichtbar. Zuwanderung aus dem Ausland kann allerdings die Situation nicht verbessern. Die hiesigen Arbeitnehmer müssen besser qualifiziert werden, so Experten.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Alltagskommunikation in Kliniken: Immer mehr Pflegekräfte kommen aus dem Ausland.

Alltagskommunikation in Kliniken: Immer mehr Pflegekräfte kommen aus dem Ausland.

© Norbert Försterling/dpa

BERLIN. An deutschen Kliniken wird die Belegschaft immer internationaler: Pfleger kommen aus Rumänien oder Griechenland, immer mehr Ärzte aus Polen oder Spanien versorgen die Patienten.

Doch der drohende Fachkräftemangel im Gesundheitswesen könne nicht durch eine verstärkte Einwanderung von Pflegern und Ärzten gelöst werden.

"Den Fachkräftemangel nur durch Einwanderung zu lösen, wäre falsch" erklärte der hessische Minister für Justiz, Integration und Europa, Jörg-Uwe Hahn (FDP) bei einer Veranstaltung der Gesundheitswirtschaft Rhein-Main.

Bei der Diskussion in Frankfurt zum Thema "Löst Einwanderung das Problem des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen" argumentierten die Teilnehmer, dass es viel wichtiger sei, die hiesige Arbeitnehmerschaft für Gesundheitsberufe zu qualifizieren.

Auch nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) steuert Deutschland bis zum Jahr 2030 auf einen Mangel an Fachkräfte zu. Bis 2030 werde die Zahl der niedergelassenen Ärzte auf 77.000 sinken, der Bedarf liege aber bei 165.000 Ärzten.

Laut einer PWC-Studie aus dem Jahr 2010 wird in den nächsten zehn Jahren die Zahl der nichtärztlichen Fachkräfte auf 601.000 sinken, die Nachfrage werde aber bei 768.000 liegen.

Trotzdem sei die "Zuwanderung nur einen Tropfen auf den heißen Stein", erklärte Michael Burkhart, Leiter des Bereiches Healthcare/Pharma bei PWC. Vielmehr müsse man die "stille Reserve in der Pflege" ausschöfpen.

Nach PWC-Studien gibt eine Altenpflegekraft nach acht Jahren ihren Beruf auf, Pfleger in Kliniken arbeiten zwölf Jahre in ihrem Beruf. Um die Menschen länger in ihrem Beruf zu halten, müssen dringend die Arbeitsbedingungen in Kliniken und Heimen verbessert werden.

Doch die Qualifizierung sowie die Änderungen der Arbeitsatmosphäre werden dauern. Daher sucht die Bundesagentur für Arbeit bereits jetzt intensiv auf den Arbeitsmärkten im europäischen Ausland nach Fachkräften.

Vor allem in Südeuropa gebe es sehr viele Hochqualifizierte, die Agentur nehme ein gesteigertes Interesse von spanischen Ärzten war, in Deutschland zu arbeiten, erklärte Monika Varnhagen.

Als Direktorin der Zentrale für Auslands- und Fachvermittlung betreut sie bei der Bundesagentur für Arbeit in Bonn auch die Suche nach Fachkräften in Griechenland, Portugal, Polen und anderen osteuropäischen Staaten.

"Wir müssen in Deutschland eine Willkommenskultur entwickeln, damit wir die Potenziale nutzen können", erklärte Varnhagen.

Bei Staatsbürgern aus EU-Ländern gebe es selten Probleme mit der Anerkennung der Approbation oder der Berufsausbildung. Komplizierter sei es bei Drittstaaten, da dauere die Anerkennung deutlich länger.

Es sei aber schwer, Deutsche, die bereits im Ausland arbeiten, zum Zurückkehren zu bewegen. "Viele von ihnen haben im Ausland deutlich günstigere Bedingungen vorgefunden", sagte Varnhagen.

Einen anderen Weg geht der Neurochirurg Dr. Samir Al-Hami. Der Ärztliche Direktor des Neuro-Spine-Center in Fulda hat kürzlich die "Dr. Al-Hami International Academy" gegründet, die Kurse zur Qualifizierung ausländischer Ärzte anbietet.

Mit Sprach- und Integrationskursen werden die Ärzte auf den Arbeitsalltag in Deutschland vorbereitet, das Interesse sei groß, für den ersten Jahrgang habe es 600 Bewerber auf die 17 Kursplätze gegeben.

Die Suche nach qualifizierten Pflegekräften brauche aber Zeit: "Wir profitieren schon jetzt von der Akademisierung der Pflegeberufe im Ausland", erklärte Dr. Marcel Blonder, Chefarzt für Geriatrie am Otto-Fricke-Krankenhaus in Bad Schwalbach/Wiesbaden.

Allerdings warnten Teilnehmer, die nötigen Sprachkenntnisse nicht zu unterschätzen. Da die Pflege-Dokumentation gerichtsfest sein müsse und umfangreicher werde, reiche es nicht aus, wenn Pflegekräfte aus dem Ausland sich auf Deutsch mit den Patienten unterhalten können.

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