Typ-2-Diabetes

Das Risiko sinkt, aber die Prävalenz steigt

Das Risiko, an einer Typ-2-Diabetes zu erkranken, ist bei Erwachsenen in Deutschland insgesamt von 1998 bis 2011 gesunken, so eine Auswertung von zwei großen Gesundheitssurveys. Dass die Prävalenz der Krankheit anwächst, erklären Forscher mit einer verbesserten Früherkennung.

Von Beate Schumacher und von Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Blutzuckermessung auf der Radtour: Regelmäßiger Sport verringert den Taillenumfang und damit das Diabetesrisiko.

Blutzuckermessung auf der Radtour: Regelmäßiger Sport verringert den Taillenumfang und damit das Diabetesrisiko.

© LifeScan

BERLIN. Wie hoch ist das Risiko von Menschen in Deutschland an Typ-2-Diabetes zu erkranken? Und wie hat sich das Risiko in den letzten Jahren entwickelt? Diesen Fragen ist ein Forscherteam um Rebecca Paprott vom Robert Koch-Institut Berlin und vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung in München nachgegangen (BMJ Open 2017; 7: e013058).

Die Forscher haben dazu den Deutschen Diabetes-Risiko-Test (DRT) auf Teilnehmer zweier großer Studien zur Gesundheit Erwachsener angewendet. Aus dem Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98) wurden Daten von 6457 Teilnehmern und und aus der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland 1 (DEGS1, 2008–2011) Daten von 6095 Teilnehmern analysiert. Die Probanden waren zum Zeitpunkt der Studien nicht an Diabetes erkrankt und zwischen 18 und 79 Jahre alt.

Im DRT werden Alter, Größe, Taillenumfang, Bluthochdruck, Diabetes in der Familie, sportliche Aktivität, Rauchen sowie der Konsum von rotem Fleisch, Vollkorn und Kaffee berücksichtigt. Der Test ist ein validiertes Maß zur Vorhersage des Diabetesrisikos in der deutschen Bevölkerung.

Wie Paprott und Kollegen berichten, ging das alters- und geschlechtsadjustierte Fünf-Jahres-Risiko für die Stoffwechselerkrankung zwischen den beiden Surveys um relative 27 Prozent zurück, und zwar absolut von 1,5 auf 1,1 Prozent. Besonders in der Gruppe mit sehr geringem Diabetesrisiko (unter 0,2 Prozent) war ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen, gleichzeitig reduzierte sich der Anteil von Menschen vor allem in den Gruppen mit einem Risiko von 1,2 bis 2,0 Prozent und von 3,3 bis 24,4 Prozent.

Ursächlich für die mit dem DRT erhobenen positiven Veränderungen waren vor allem ein Rückgang beim Verzehr von rotem Fleisch sowie eine Abnahme des Taillenumfangs. Ein geringerer Beitrag kam dadurch zustande, dass die Teilnehmer des jüngeren Surveys weniger rauchten und mehr Kaffee tranken. Etwas geschmälert wurde der Effekt dieser günstigen Veränderungen durch eine erhöhte Prävalenz von Hypertonie.

Wie zu erwarten, stieg in beiden Surveys das vorhergesagte Erkrankungsrisiko mit dem Alter und dem BMI. Generell hatten Männer sowie Menschen mit geringem Bildungsniveau eine schlechtere Prognose. Die beobachtete Risikoreduktion betraf beide Geschlechter, bei Frauen ging das Fünf-Jahres-Risiko von 1,1 auf 0,8 Prozent, bei Männern von 2,2 auf 1,5 Prozent zurück. Allerdings besserte sich die Risikokonstellation praktisch nur bei Menschen mit hohem Bildungsgrad (Risikoreduktion von 1,3 auf 0,8 Prozent). Bei geringer Bildung blieb das Erkrankungsrisiko dagegen auf einem konstant hohen Niveau (2,7 und 2,5 Prozent).

Wie erklärt sich aber, dass das Typ-2-Diabetes-Risiko in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren abgenommen hat, die Prävalenz der Krankheit aber in dieser Zeit deutlich angestiegen ist? Wahrscheinlich werde heute Diabetes bei Betroffenen früher diagnostiziert, meinen die Forscher. Es habe in dieser Zeit ein Wechsel von häufig unerkanntem zu mehr erkanntem Diabetes stattgefunden. Zusammen mit Fortschritten bei der Therapie könne dies potenziell eine verlängerte Lebenserwartung von Betroffenen ergeben.

Ergebnisse von Diabetes-Risiko-Test

- Das Fünf-Jahres-Risiko für Typ-2-Diabetes ging zwischen zwei großen Surveys um relative 27 Prozent zurück, und zwar absolut von 1,5 auf 1,1 Prozent.

- Ursächlich für die mit dem Test erhobenen positiven Veränderungen waren vor allem ein Rückgang beim Verzehr von rotem Fleisch sowie eine Abnahme des Taillenumfangs.

Mehr zum Thema

Doppelter Nutzen

SGLT2-Hemmer sind bei Diabetes und Fettleber im Vorteil

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ambulantisierung

90 zusätzliche OPS-Codes für Hybrid-DRG vereinbart

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System

Lesetipps
Der Patient wird auf eine C287Y-Mutation im HFE-Gen untersucht. Das Ergebnis, eine homozygote Mutation, bestätigt die Verdachtsdiagnose: Der Patient leidet an einer Hämochromatose.

© hh5800 / Getty Images / iStock

Häufige Erbkrankheit übersehen

Bei dieser „rheumatoiden Arthritis“ mussten DMARD versagen