Interview

Der Hausarzt gibt Palliativpatienten Halt

Patienten mit unheilbaren Erkrankungen benötigen ehrliche und kompetente ärztliche Begleitung. Mit Hilfe ambulanter Palliativteams kann hier der Hausarzt einen entscheidenden Beitrag leisten, sagt die Onkologin und Palliativmedizinerin Dr. Jutta Hübner aus Frankfurt am Main.

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Schwerstkranke brauchen Zuwendung und Gesprächsmöglichkeiten.

Schwerstkranke brauchen Zuwendung und Gesprächsmöglichkeiten.

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Ärzte Zeitung: Frau Dr. Hübner, wo beginnt die Palliativmedizin?

Dr. Jutta Hübner: Sie betrifft keineswegs nur Sterbende: Alle Patienten mit unheilbaren Erkrankungen können ermutigt werden, rechtzeitig Kontakt zu einem Palliativmediziner aufzunehmen, um sich über Krankheitsverlauf, Symptome, Therapieoptionen, aber auch über soziale und organisatorische Fragen beraten zu lassen.

Ärzte Zeitung: Besonders wichtig ist Palliativmedizin aber sicherlich in der letzten Lebensphase. Sollten alle Schwerstkranken auf Palliativstationen betreut werden?

Hübner: Noch immer findet ihre Pflege häufig in der Familie statt. Palliativstationen und das Hospiz sind weitere Möglichkeiten. Wenig bekannt ist, dass es ambulante Palliativteams aus Ärzten und Pflegekräften gibt.

Mit einem solchen Team im Hintergrund kann der Hausarzt den Palliativpatienten gut weiter zu Hause betreuen. In dieser gewohnten, vertrauensvollen Arzt-Patienten Beziehung weiß sich der Kranke am besten aufgehoben.

Ärzte Zeitung: Was sind die wich tigsten palliativmedizinischen Aufgaben?

Hübner: Neben Aufklärung und Gesprächsmöglichkeiten geht es meist um Symptomkontrolle: Der Patient soll nicht unnötig leiden.

Ärzte Zeitung: Also vor allem Schmerztherapie?

Hübner: Außer Schmerzen gehören zum Beispiel auch Müdigkeit, Fatigue und das ganze Spektrum gastrointestinaler Symptome zu den zu behandelnden Beschwerden. Dazu können noch die Folgen von Leber- und Nierenversagen kommen, etwa Ödeme.

Ärzte Zeitung: Ist es wichtig, hier zwischen Krankheitssymptomen und unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu unterscheiden?

Hübner: Durchaus, weil die therapeutischen Konsequenzen unterschiedlich sind. Oft gibt der zeitliche Zusammenhang wichtige Hinweise.

Für eine immer neue individuell passende Therapieadaptation benötigen wir Erfahrung und Zeit und sollten vor allem den Patienten gut kennen. Das spricht wiederum dafür, dass gerade der Hausarzt in der Palliativ situation unbedingt "im Boot bleiben" sollte.

Das Interview führte Simone Reisdorf

Dr. Jutta Hübner

Aktuelle Position: Leiterin Palliativ medizin und komplementäre Onkologie UCT des Klinikums der Goethe-Universität Frankfurt / Main

Werdegang/Ausbildung: 1982-1988 Medizin-Studium an der Universität Düsseldorf; 1995 Facharzt für Innere Medizin; 2006 Zusatzbezeichnung Palliativmedizin

Karriere: 2004-2009 Chefärztin der Abt. Onkologie der Habichtswald-Klinik in Kassel; seit Nov. 2009 Leiterin des Bereichs Palliativmedizin, supportive und komplementäre Onkologie am UCT der Universitätsklinik Frankfurt/Main

16 CME-Punkte für das Praxis-Update

Das Praxis Update findet an vier Orten und zwei Terminen statt: am 27. und 28. April 2012 in Berlin und München, am 4. und 5. Mai 2012 in Wiesbaden und Köln. Für das Praxis Update 2012 wird bei den jeweiligen (Landes-) Ärztekammern die Zertifizierung als Fortbildung der Kategorie A beantragt. Für die Teilnahme an beiden Tagen gab es bisher 16 CME-Punkte.

Weitere Informationen unter: www.praxis-update.com

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