Die Blutegel sind zurückgekommen

Die Behandlung mit Blutegeln erfährt derzeit neue Akzeptanz: In Studien haben sich die Tierchen bei Patienten mit Arthrosen und mit Tennisarm bewährt.

Von Simone Reisdorf Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. "Wenn sonst nichts hilft, helfen oft Blutegel", meinte Professor Gustav J. Dobos von der Universität Duisburg-Essen. Der Naturheilkundler präsentierte in Düsseldorf die Behandlung mit "diesen faszinierenden Tieren" als ein wissenschaftlich untersuchtes Verfahren, das oft als letztes Mittel nach dem Scheitern schulmedizinischer Behandlungen angewandt wird.

Dabei werden in der Regel vier bis sechs Exemplare des Hirudo medicinalis einmalig auf schmerzende Gewebestellen gesetzt und verbleiben dort bis zu zwei Stunden. Indikationen sind Arthrosen des Kniegelenks oder des Daumensattelgelenks, der "Tennisarm" und andere schmerzhafte muskulo-skeletale Erkrankungen sowie schwere Herpes-Zoster-Neuralgien.

Die Wirksamkeit des Verfahrens zeigte sich in mehreren kleineren Studien. So bessert sich bei Patienten mit Kniegelenkarthrose der Wert in der 100-teiligen WOMAC-Skala von 50 auf 20 Punkte und bei Patienten mit Daumensattelgelenkarthrose von 80 auf 40 Punkte. Damit wirkte die einmalige Anwendung der Blutegeltherapie in beiden Studien signifikant besser als die Vergleichstherapie mit Diclofenac. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für Patienten mit Tennisarm ermittelt. Als schwierig hatte sich in allen Studien die Verblindung erwiesen.

"Die Wirkung der Blutegeltherapie setzt nach etwa drei Tagen ein und hält zwei bis drei Monate lang an, das haben auch die Studiendaten bestätigt", so Dobos. Der Effekt könne erklärt werden durch Stoffe im Speichel der Egel, unter anderem Gerinnungshemmer, Vasodilatatoren und eine Morphin-ähnliche Substanz. Denkbar seien aber auch eine Kontra-Irritation oder Hemmung nozizeptiver Afferenzen sowie eine lokale Entstauung und Lymphdrainage, dazu ein gewisser Placeboeffekt. "Und ist das Gelenk dann erst einmal wieder schmerzfrei, wird es auch mehr bewegt, was sich ebenfalls günstig auswirkt", so Dobos.

An möglichen unerwünschten Wirkungen nannte er Juckreiz und verzögerte Wundheilung, lokale Infektionen und Allergien. Kontraindiziert sei die Therapie vor allem bei Hämophilie- und Anämie-Patienten, Menschen mit Wundheilungsstörungen, diabetischer Polyneuropathie, PAVK im Spätstadium, unter Immunsuppression oder Antikoagulation.

Eine Sitzung kostet etwa 120 Euro und wird nach Angaben von Dobos bei stationärer Behandlung von den Kassen übernommen.

» Zur Sonderseite "Medica 2009" » Zum E-Paper "Medica aktuell" » Zur Bildergalerie "Medica 2009"

Mehr zum Thema

Sturz- und Frakturprävention angesagt

Psoriasisarthritis gefährdet wohl die Knochengesundheit

Von Dupuytren bis Karpaltunnelsyndrom

Diabetes zeigt sich oft auch an den Händen

Operative Komplikationen

Kniegelenkersatz: Was die Anämie so gefährlich macht

Das könnte Sie auch interessieren
Muskeltonus wieder ins Gleichgewicht bringen

© mantinov / stock.adobe.com

Muskulär bedingte Schmerzen

Muskeltonus wieder ins Gleichgewicht bringen

Kooperation | In Kooperation mit: Trommsdorff GmbH & Co. KG
Den Schmerz an der Wurzel packen

© [M] pololia / stock.adobe.com | Mara Zemgaliete / stock.adobe.com

Muskelverspannung

Den Schmerz an der Wurzel packen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Trommsdorff GmbH & Co. KG
Einsatz von Pridinol bei muskulär bedingtem Rückenschmerz

Experten-Workshop

Einsatz von Pridinol bei muskulär bedingtem Rückenschmerz

Kooperation | In Kooperation mit: Trommsdorff GmbH & Co. KG
Kommentare
Sie müssen angemeldet sein, um einen Kommentar verfassen zu können.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Die Newsletter der Ärzte Zeitung

» kostenlos und direkt in Ihr Postfach

Am Morgen: Ihr individueller Themenmix

Zum Feierabend: das tagesaktuelle Telegramm

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Schwere Herzinsuffizienz

Neue Kraft fürs Herz mit einem Pflaster aus Herzmuskelzellen

Prävention

Diabetes-Screening besser nach Alter statt nach Gewicht?