Engagement zur Darmkrebsvorsorge geht weiter

Was könnte man tun, um die Darmkrebs-Sterberate zu senken und den Menschen klar zu machen, dass sich Früherkennung lohnt? Das hat den Gastroenterologen Professor Jürgen F. Riemann aus Ludwigshafen stets bewegt. So beschloss Riemann mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), eine Stiftung zur Früherkennung des Darmkrebses zu gründen. Ziel ist, die Zahl der Darmkrebstoten von 33 000 jährlich bis zum Jahre 2010 zu halbieren.

Von Ingeborg Bördlein Veröffentlicht:
Die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse dankt Professor Jürgen F. Riemann für sein Engagement für die Darmkrebsfrüherkennung.

Die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse dankt Professor Jürgen F. Riemann für sein Engagement für die Darmkrebsfrüherkennung.

© Foto: Wuttke

Die Stiftungsidee hat Riemann bei einem Abschiedssymposium aus Anlass seines Ausscheidens Anfang August als Direktor der Medizinischen Klinik C am Klinikum Ludwigshafen in drei Kernsätzen beschrieben:

  • "Information ist besser als Tabuisierung!"
  • "Vorsorge ist besser als Verdrängung"!
  • "Früherkennung ist besser als Spätdiagnose!"

Es galt, Patienten und ihre Ärzte über den Sinn der Darmkrebs-Früherkennung aufzuklären, öffentlichkeitswirksame Projekte zu initiieren und die Forschung zur Darmkrebs-Prävention zu unterstützen.

Der Stiftung ist es gelungen, ein deutschlandweites Informationsnetz zum Thema Darmkrebs aufzubauen. Kostenlose Telefoninformationen und Patientenveranstaltungen sprechen die Bevölkerung an vielen Orten an - über 300 sind es in diesem Jahr. Fortbildungskoordinatoren in den Ländern sowie 150 Regionalbeauftragte koordinieren die Aufklärungsaktionen. National pflegt die Stiftung Medienpartnerschaften, etwa mit der "ARD", dem "ZDF" und der "Ärzte Zeitung".

Im Internet wird ein online-Ratgeber für Interessierte und Betroffene sehr gut angenommen. Zwischen 4000 und 5000 Besuche hat die Stiftung monatlich. Inzwischen wurden auch Aufklärungsbroschüren auf türkisch, italienisch, russisch, polnisch und griechisch herausgegeben.

Die Stiftung will das Thema Darmkrebs aus der Tabuzone holen. Das gelingt zum Beispiel mit witzigen und originellen Aufklärungsplakaten. Publikumsrenner ist etwa die Vorsorge-Komödie "Alarm im Darm". Das Stück, in dem der Weg eines Vorsorgemuffels zum Früherkennungsfreak vorgeführt wird, ist inzwischen mehr als 100 mal aufgeführt worden.

Aus Amerika hat man gelernt, dass prominente Persönlichkeiten einen positiven Einfluss auf das Screening-Verhalten der Bevölkerung haben. So hat die Stiftung eine lange Liste prominenter Screening-Befürworter aus Sport, Politik, Wirtschaft und Kultur gewinnen können.

Mehrfach ausgezeichnet wurde das Modell-Projekt "Darmkrebsvorsorge im Betrieb". Fast 4000 Mitarbeiter über 45 beim Unternehmen BASF in Ludwigshafen haben an der Vorsorgeaktion teilgenommen. 688 hatten einen auffälligen Stuhltest oder andere Risiken wie eine familiäre Belastung. 323 unterzogen sich einer Vorsorgekoloskopie. Fast jeder fünfte hatte Adenome, bei drei Prozent wurde ein Karzinom entdeckt.

Die Stiftung fördert und initiiert auch Studien etwa dazu, was Menschen daran hindert, zur Früherkennung zu gehen. Die Hauptgründe: ein erhebliches Informationsdefizit, Zeitmangel, Schamgefühle, Angst vor der Untersuchung und eine zu geringe Ansprache auf die Möglichkeit der Früherkennung durch Hausärzte.

Die Übernahme der Vorsorgekoloskopie ab dem 56. Lebensjahr in das Präventionsangebot der Kassen ist ein Erfolg. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Wurde ein kolorektales Karzinom beim Screening entdeckt - bei 0,6 bis 0,8 Prozent der Teilnehmer - waren 70 Prozent im Stadium I und II mit bester Prognose.

Riemanns Resümee: Man werde es zwar nicht schaffen, die Zahl der Darmkrebstoten bis 2010 zu halbieren. Doch sei die Zahl der Sterbefälle an Darmkrebs trotz Anstiegs der Erkrankungen auf 73 000 jährlich von 33 000 vor zehn Jahren auf weniger als 30 000 heute gesunken. Der Trend soll sich fortsetzen. Riemann will als Vorsitzender der Stiftung Lebensblicke weiter für die Vorsorge kämpfen.

STICHWORT

Stiftung Lebensblicke

Die Stiftung Lebensblicke wurde 1998 von Professor Jürgen F. Riemann gegründet. Dem Vorstand der Bürgerinitiative gehören außer Ärzten Vertreter der Wirtschaft an. Bundesweit angesiedelte Fortbildungskoordinatoren - das sind Gastroenterologen - und ein Expertenbeirat stehen für die medizinisch-wissenschaftliche Kompetenz der Bürgerinitiative. Ihr zur Seite steht ein Förderverein unter dem Vorsitz von Dr. Dirk Wuppermann. Förderverein und Stiftung finanzieren sich ausschließlich über Spendengelder und Mitgliedsbeiträge. Derzeit zählt der Verein 331 Mitglieder und verfügt über ein Förderkapital von rund 160 000 Euro. (bd)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Adenomdetektionsraten

Nach KI-Unterstützung das Koloskopieren verlernt?

Darmkrebsfrüherkennung

Hochrisiko-Polyp: Rezidivrisiko offenbar auch bei Jüngeren hoch

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

© Springer Medizin Verlag

Unternehmen im Fokus

Patientenzentrierter Ansatz und europäische Produktion

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Alter für Indikationsimpfung herabgesetzt

STIKO ändert Empfehlung zur Herpes zoster-Impfung

Lesetipps
Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Patient mit Hypoglykämie, der seinen Blutzuckerspiegel mit einem kontinuierlichen Blutzuckermesssensor und einer Smartphone-App überwacht.

© martenaba / stock.adobe.com

Trotz Schulung

Die wenigsten Diabetes-Patienten reagieren adäquat auf Hypoglykämie