Erfolg bei Brustkrebs mit neuer Kombitherapie

SAN ANTONIO. Für Krebskranke gelten Tyrosinkinase-Hemmer (TKI) und Antikörper gegen Rezeptoren für Wachstumsfaktoren als Hoffnungsträger. Nach aktuellen Studiendaten von Frauen mit Brustkrebs kann es sinnvoll sein, beide Substanzarten anzuwenden - so werden Signalwege, die für das Krebswachstum wichtig sind, von der Innen- und von der Außenseite der Krebszelle unterdrückt.

Von Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:

Die TKI hemmen die Signalkaskaden ein- und derselben Zielmoleküle von der Innenseite der Zelle her, und die Antikörper greifen von außen an. So lassen sich zum einen Resistenzen gegen eine Therapie überwinden. Zum anderen wird die Wirkung beider Substanzen verstärkt. Diese Effekte sind beim San Antonio Breast Cancer Symposium in San Antonio in Texas diskutiert worden. Beispiele sind der TKI Lapatinib und der monoklonale Antikörper Trastuzumab.

Lapatinib hemmt intrazellulär Signalwege, die über die Rezeptoren ErbB1 und ErbB2 Zellen zur Vermehrung stimulieren. Trastuzumab bindet sich von außen an ErbB2, auch HER2/neu genannt. Professor Charles Geyer aus Philadelphia hat beinem Symposium von GalxoSmithKline erläutert, wie Zellen der Wirkung von Trastuzumab entkommen: Sie nutzen alternative Signalwege, die aber zum Teil durch Lapatinib gehemmt werden.

Und bei einem Drittel der Frauen mit Brustkrebs ist das Gen für ein zentrales Protein mutiert. Die Zellen brauchen es fürs Überleben und zur Vermehrung: die Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K). Durch die Mutation wird das Protein aktiver, wirkt dem Absterben entgegen und kurbelt die Vermehrung an.

Schließlich hat etwa die Hälfte der Frauen mit Brustkrebs einen Defekt im Tumorsuppressorgen (PTEN), so dass diese Zellteilungsbremse wegfällt.

Lapatinib wirkt auch, wenn Trastuzumab versagt

Solche Mechanismen der Resistenz gegen den Anti-HER2/neu-Antikörper gibt Antworten auf zwei Fragen: Warum sprechen Brustkrebspatientinnen, die mit Trastuzumab vorbehandelt worden sind, trotzdem auf Lapatinib an? Und warum ergänzen sich die Wirkungen dieser beiden Substanzen?

Ein Serummarker für die Effekte der Behandlung ist ein Bruchstück von ErbB2, das auf der Oberfläche von Zellen sitzt und als extrazelluläres Fragment ins Blut abgegeben wird (ErbB2-ECD). Professor David Cameron aus dem britischen Edinburgh hat neue Daten einer randomisierten Phase-III-Studie zu diesem Biomarker vorgestellt.

Studiendaten von 324 Frauen liegen bereits vor

528 Frauen mit progredientem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom haben nach Chemotherapie und Trastuzumab-Behandlung Lapatinib plus Capecitabin erhalten oder Capecitabin alleine. Bei allen Patientinnen war HER2/neu überexprimiert.

Die Daten von 324 Frauen liegen vor. Zwar unterscheidet sich das Gesamtüberleben der beiden Gruppen statistisch bisher nicht. Aber die Zeit bis zur Progression war mit der Kombinationsbehandlung länger als mit der Monotherapie (36,9 versus 19,7 Wochen). Bei Frauen im Kombinationsarm, die klinisch auf die Behandlung ansprachen, sank zugleich die Konzentration von ErbB2-ECD im Serum. Im Capecitabin-Arm war das nicht der Fall. Die Forscher schließen daraus, dass die Veränderungen des Biomarkers auf der Wirkung von Lapatinib beruhen und als Verlaufsparameter für die Therapie genutzt werden können.

Eine ähnlich starke Wirkung wie Trastuzumab hat Lapatinib in der Erstbehandlung von Frauen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom (Stadien IIIb, IIIc und IV, Her2-neu-positiv). Das berichtete Dr. Henry Gomez aus Lima. An der Phase-II-Studie haben 138 nicht vorbehandelte Patientinnen teilgenommen. Sie erhielten entweder 1,5 Gramm Lapatinib täglich oder 500 mg zwei Mal am Tag. Sprachen die Frauen nach zwölf Wochen an, setzten sie die Behandlung fort. Bei Nichtansprechen wurde die Therapie abgesetzt.

Eine komplette Remission erreichte keine Frau, aber 24 Prozent hatten eine partielle Remission. Diese Ansprechrate - erhoben nach mindestens 24 Wochen Beobachtungszeit - sei ähnlich wie die mit Trastuzumab, berichtete Gomez. Sie habe 28 bis 29 Wochen angehalten. Bei der Hälfte der Frauen stabilisierte sich die Krankheit, bei 17 Prozent war sie im Beobachtungszeitraum progredient. Die Substanz werde gut vertragen, so der Onkologe.

Jetzt soll Lapatinib als adjuvante Monotherapie gegen Placebo in einer Phase-III-Studie (TEACH-Studie, Tykerb Evaluation after Chemotherapy) geprüft werden. Teilnehmerinnen sind Frauen mit HER2/neu-positiven Brusttumoren in den Stadien I bis IIIb (ohne Fernmetastasen). Die Frauen müssen durch eine übliche Therapie (Op, Chemotherapie) krankheitsfrei geworden sein. Zudem laufen klinische Untersuchungen, in denen Lapatinib und Trastuzumab miteinander kombiniert oder in verschiedenen Studienarmen geprüft werden.



STICHWORT

Lapatinib

Der Tyrosinkinase-Hemmer Lapatinib (Tykerb®) hemmt intrazellulär Signalwege, die über die Rezeptoren ErbB1 und ErbB2 Zellen zur Vermehrung stimulieren. Er wird von GlaxoSmithKline zur Marktreife entwickelt. In den USA und Europa ist die Zulassung bereits beantragt für die Behandlung von Frauen mit HER2/neu-positivem fortgeschrittenem Mamma-Ca in Kombination mit Capecitabin. (nsi)

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