H5N1 ist vielleicht schon länger in Deutschland

RIEMS/MARBURG (dpa). Noch ist unklar, wie weit sich die Vogelgrippe in Deutschland ausgebreitet hat. Experten vermuten, daß sich das Virus unbemerkt über Wildvögel, die selbst nicht erkranken, verbreitet. Für Menschen ist die Infektionsgefahr in Deutschland weiterhin äußerst gering.

Veröffentlicht:

Bei toten Schwänen von der Insel Rügen hat das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf Riems eindeutig das gefährliche Vogel-Influenzavirus vom Typ H5N1/Asia nachgewiesen. Eine genetische Analyse der Viren habe eine Verwandtschaft zu H5N1-Viren ergeben, die in der Mongolei und am Qinghai-See in China gefunden wurden, teilte FLI-Sprecherin Elke Reinking mit. Bisher sind alle bekannten Erkrankungen bei Menschen auf diesen Typ zurückzuführen.

"Die Ursache des nahezu zeitgleichen Auftretens des H5N1-Virus bei Wildvögeln in Italien, Slowenien, Österreich und Deutschland gibt weiter Rätsel auf", sagte der Präsident des FLI, Professor Thomas Mettenleiter. Die Schwäne könnten sich nach seiner Einschätzung bei Wildenten angesteckt haben, die sich wiederum bei Zugvögeln infiziert haben. "Die Schwäne könnten aber auch aus Osteuropa zu uns gezogen sein."

Das H5N1-Virus ist nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) möglicherweise schon im Herbst nach Norddeutschland eingeschleppt worden. Seine Vermutung begründete er gestern im ZDF-Morgenmagazin damit, daß die vom Virus betroffenen Höcker-Schwäne sehr standorttreu seien und nicht zu den Zugvögeln zählten.

Für Menschen bestehe nach den ersten Vogelgrippefällen keine erhöhte Gefahr, so der Virologe Professor Wolfgang Garten vom Institut für Virologie in Marburg. "Menschen sind in Deutschland bisher nicht direkt bedroht, wohl aber das Geflügel", sagte der Biochemiker, der an Vogelgrippe-Viren forscht.

Es müsse nicht wegen jeder toten Amsel im Garten gleich das Gesundheitsamt alarmiert werden, aber: "Tote Vögel sollten nur mit Handschuhen angefaßt und entsorgt werden." Aktionen wie die von Apothekern in Baden-Württemberg vorgestellte Schutzmaske sieht er kritisch: "Das ist nur sinnvoll, wenn man engen Kontakt mit erkrankten Tieren hat, eine Anschaffung für die Bevölkerung ist sicher verfrüht. Es ist nicht nachgewiesen, daß das in Deutschland aufgetretene Virus von Wildvögeln auf Menschen geht", sagte der Wissenschaftler.

Auch vom Nutzgeflügel aus sei die Übertragung von Tier zu Mensch weitaus schwieriger als von Tier zu Tier. Das Virus sterbe sehr schnell, wenn es mit Licht und Wärme in Kontakt komme, auch Seife vernichte das Virus. Spaziergänger schwebten sicher in keiner Gefahr.

Für Bürgeranfragen hat das Bundeslandwirtschaftsministerium ein Telefonservice eingerichtet, und zwar montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr unter Tel.: 0 18 88 /5 29-46 01 oder -46 02,-46 03,- 46 04, und -46 05. Weitere Informationen gibt es auch unter www.bmelv.de.

Lesen Sie dazu auch: Politisches Krisenmanagement im Zeichen der Vogelgrippe

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Weniger Rezidive

Hustenstiller lindert Agitation bei Alzheimer

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen forderte am Mittwoch beim Gesundheitskongress des Westens unter anderem, die dringend notwendige Entbudgetierung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte müsse von einer „intelligenten“ Gebührenordnung flankiert werden.

© WISO/Schmidt-Dominé

Gesundheitskongress des Westens

KBV-Chef Gassen fordert: Vergütungsreform muss die Patienten einbeziehen