Harnwegsinfekt bei jedem zehnten Kind ohne Pyurie

Zeigen Kinder mit Verdacht auf einen Harnwegsinfekt keinen Eiterharn, können Ärzte noch lange keine Entwarnung geben. So bleibt der Urin bei etwa der Hälfte der Enterokokkeninfekte klar.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:

PITTSBURGH / USA. Eine Pyurie ist bei entsprechenden Symptomen ein klares Zeichen für einen Harnwegsinfekt, umgekehrt können Ärzte eine ernsthafte Harnwegsinfektion nicht ausschließen, wenn der Urin klar bleibt. Darauf deutet eine Untersuchung von Dr. Nader Shaikh und Mitarbeitern der Universitätskinderklinik in Pittsburgh (Pediatrics 2016, 138 (1) e20160087).

Erste Studien bei Erwachsenen hatten ergeben, dass grampositive Erreger wie Staphylokokken und Enterokokken weniger heftige Entzündungsreaktionen in den Harnwegen hervorrufen und damit seltener eine Pyurie verursachen als gramnegative Keime wie E. coli, Pseudomonas aeruginosa, Klebsiella oder Proteus, schreiben die US-ameikanischen Pädiater. Sie wollten schauen, ob sich Ähnliches auch bei Kindern und Jugendlichen beobachten lässt. In diesem Fall könnte eine fehlende Pyurie den Beginn einer Antibiose verzögern, sofern sich Ärzte auf die mikroskopische Harnanalyse verlassen und keine Kultur in Auftrag geben.

Auf Leukozytenesterase getestet

Das Team um Shaikh hat retrospektiv Befunde von knapp 1400 Minderjährigen ausgewertet, die zwischen 2007 und 2013 die Kinderklinik mit Symptomen einer Harnwegsinfektion aufsuchten. Bei allen bestimmten die Ärzte die Leukozytenzahl im Urin, die meisten Urinproben prüften sie zudem per Teststreifen auf Leukozytenesterase, und bei allen legten sie zusätzlich Kulturen der Erreger an.

Knapp neun von zehn Patienten waren Mädchen, im Median betrug das Alter 23 Monate.

Bei 1181 Patienten (85 Prozent) konnten die US-Pädiater per Kultur einen Harnwegsinfekt zweifelsfrei nachweisen. Von diesen zeigten 87 Prozent eine Pyurie. Am häufigsten fanden die Ärzte E. coli in den Kulturen (rund 90 Prozent), gefolgt von Klebsiella, Enterococcus, Proteus und Enterobacter.

Kinder mit E.-coli-Infekten zeigten zu 89 Prozent eine Pyurie, waren dagegen Enterokokken die Ursache, bildete sich ein Eiterharn nur bei 54 Prozent. Der Leukozytenesterase-Test war dann sogar bei weniger als der Hälfte (49 Prozent) positiv. Eine geringere Pyurierate als bei E. coli gab es auch bei einem Klebsiella-Infekt (74 Prozent) und bei einem Pseudomonas-aeruginosa-Befall (62 Prozent).

Ob ein Erreger grampositiv ist oder nicht, scheint nach diesen Daten bei Kindern eher wenig relevant für das Pyurierisiko zu sein, auffällig ist allenfalls, dass bei den wenigen Infekten ohne E. coli insgesamt weniger häufig eine Pyurie zu beobachten ist (Odds Ratio: 0,39) und die Pyurierate möglicherweise stark vom Erreger abhängt.

Auch ohne Pyurie Kulturen anlegen

Die wichtigste Botschaft für die Praxis lautet sicherlich: Rund ein Achtel der Kinder mit Harnwegsinfekten zeigt zu Beginn keine Pyurie; folglich macht es Sinn, bei typischen Symptomen auch ohne Pyurie Kulturen anzulegen. Bis diese herangewachsen sind, sollten sich Ärzte an anderen Befunden orientieren, schreiben die Pädiater aus Pittsburgh. So ist ein positiver Nitrittest charakteristisch bei Infektionen mit E. coli, Klebsiella und Proteus.

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