Hat Tour-Sieger Floyd Landis mit synthetischem Testosteron gedopt?
NEU-ISENBURG (ner). In der Urin-Probe des Tour-de-France-Siegers Floyd Landis ist offenbar synthetisches Testosteron nachgewiesen worden, berichtete gestern die "New York Times". Professor Mario Thevis von der Sporthochschule Köln glaubt allerdings nicht, daß Landis’ spektakulärer Sieg unmittelbar etwas mit einer Testosteron- Zufuhr zu tun hatte.
Veröffentlicht:Die Unterscheidung von körpereigenem und zugeführtem synthetischem Testosteron ist mit der Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IRMS) möglich, sagte Thevis im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Grundlage des Tests sind Unterschiede im Verhältnis der Kohlenstoff-Isotope 12C und 13C. Alle Substrate im körpereigenen Steroidsynthese-System haben das gleiche 12C-13C-Verhältnis. "Wenn dann Testosteron von außen zugeführt wird, unterscheidet sich dessen 12C-13C-Verhältnis von dem aller anderen Steroide im Körper", sagte der Chemiker.
IRMS ist deutlich aufwendiger als die üblichen Screening-Prozeduren und wird daher nur im Verdachtsfall angewendet. Beim Screening wird ein ganzes Steroid-Profil mit 15 bis 20 Parametern erstellt, das normalerweise sehr stabil ist. "Sollte ein Athlet in seine biochemischen Steroid-Synthesewege eingreifen, beispielsweise mit Testosteron, verändern sich das Profil und diese Parameter. Dies ist ein Hinweis auf Manipulation, aber noch kein Doping-Beweis", betonte Thevis.
Einer dieser Parameter ist der Testosteron/Epitestosteron-Quotient, der normalerweise zwischen 1:1 und 2:1 liegt. Definierter Grenzwert für einen Doping-Verdacht ist zur Zeit 4:1. Bei Floyd Landis betrug er 11:1. Sollte die B-Probe sowohl den ungewöhnlich großen Quotienten also auch das IRMS-Ergebnis der A-Probe bestätigen, kann nach Thevis’ Angaben mit 100prozentiger Sicherheit von einem Doping-Fall ausgegangen werden. Das Ergebnis wird bis Ende dieser Woche erwartet.
Der spektakuläre Landis-Sieg bei der 17. Etappe der Tour de France dürfte jedoch kaum etwas mit einer akuten Testosteron-Zufuhr zu tun haben, meint Thevis. Testosteron werde hauptsächlich im Training zum Muskelaufbau benutzt und beschleunige in Wettkampf-Phasen lediglich die Muskelregeneration.