Hämodynamik

Karotisstenose beschleunigt kognitiven Abbau

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ANCONA. Ob bei Patienten mit asymptomatischer Karotisstenose Stent, intensive medikamentöse Therapie oder Abwarten die beste Strategie ist, wird noch diskutiert. Denn auch eine asymptomatische Karotisstenose hat negative Konsequenzen.

Wird dadurch die zerebrale Hämodynamik beeinträchtigt, kann dies den kognitiven Abbau zu beschleunigen, haben Forscher um Simona Balestrini von der Universität in Ancona in einer Studie mit über 300 Teilnehmern belegt (Neurology 2013; online 26. April).

Für ihre Studie haben die italienischen Forscher um Balestrini 210 Patienten mit einer asymptomatischen Karotisstenose sowie 109 Patienten ohne gravierende Karotisverengung drei Jahre lang untersucht.

Die Patienten waren in beiden Gruppen etwa gleich alt (im Mittel 70 Jahre) und hatten ein vergleichbares kardiovaskuläres Risikoprofil: In beiden Gruppen war der Anteil der Hypertoniker mit etwas über 50 Prozent und der Anteil der Diabetiker mit knapp über 20 Prozent ähnlich hoch.

40 Prozent mit beeinträchtigter Hämodynamik

Eine Dyslipidämie trat in der Gruppe ohne Stenose etwas häufiger auf (30 versus 20 Prozent), entsprechend wurde hier auch häufiger mit Statinen behandelt (23 versus 16 Prozent), dagegen erhielten die Patienten ohne Stenose etwas seltener Antihypertensiva (44 versus 54 Prozent).

Bei allen Patienten untersuchten die Forscher die zerebrale Hämodynamik mittels transkraniellem Ultraschall. Von einer Beeinträchtigung der Hämodynamik gingen sie aus, wenn der Breath-Holding-Index (BHI) unter 0,69 Prozent/s lag.

Um den Index zu bestimmen, müssen die Patienten für 30 Sekunden die Luft anhalten. Dabei wird der prozentuale Anstieg der zerebralen Blutflussgeschwindigkeit durch die Zeit geteilt, in der die Probanden den Atem anhalten.

Der Index ist ein Maß für die Vasomotorenreaktivität. Bei 84 (40 Prozent) der Patienten mit Karotisstenose deutete der Wert auf eine beeinträchtigte Hämodynamik, dies war jedoch bei keinem der Patienten in der Kontrollgruppe der Fall.

7-fach erhöhte Rate für kognitiven Abbau

Das Team um Balestrini bestimmte zudem den Mini-Mental-Status-Wert zu Beginn und am Ende der Studie. Eine Verschlechterung um drei Punkte wurde dabei als kognitiver Abbau betrachtet.

Nach drei Jahren stellten die Forscher bei 60 Patienten (19 Prozent) einen solchen Abbau fest. In der Gruppe ohne Stenose betraf dies 8 Patienten (7,3 Prozent), in der Gruppe mit Stenose 52 Patienten (25 Prozent).

Der Anteil war hier also etwa dreifach höher. Interessant ist, dass von diesen 52 Patienten 45 - das sind knapp 90 Prozent - eine ipsilateral beeinträchtigte Hämodynamik hatten.

Es waren in der Stenosegruppe also fast nur solche mit einem BHI-Wert unter 0,69 Prozent/s betroffen. Innerhalb von drei Jahren kam es bei 53 Prozent der Patienten mit schlechter Hämodynamik zu einem kognitiven Abbau von mindestens drei Mini-Mental-Status-Punkten.

Der Anteil war siebenfach höher als in der Kontrollgruppe. Die Studienautoren um Balestrini vermuten, dass in der Tat eine chronische Hypoperfusion aufgrund der Stenose die Hirnleistung beeinträchtigt - bei den Stenosepatienten ohne hämodynamische Auffälligkeiten gab es schließlich keinen beschleunigten geistigen Abbau.

Als nächstes müsste man natürlich prüfen, ob sich bei Stenosepatienten mit schlechter Hämodynamik über eine aggressive medikamentöse oder interventionelle Therapie die Hirnleistung verbessern oder zumindest der geistige Abbau bremsen lässt.

Dann hätten Ärzte ein weiteres Argument für oder gegen eine Behandlung bei asymptomatischer Karotisstenose. (mut)

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