Diabetes

Körpereigenes Protein schützt Nieren

Aktiviertes Protein C (aPC) konnte im Tierversuch das Fortschreiten der diabetischen Nephropathie verlangsamen und sogar stoppen.

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HEIDELBERG. Rund 40 Prozent aller Diabetiker entwickeln nach mehr als 20-jähriger Krankheitsdauer schwere Nierenschäden, die mit der Zeit zum Nierenversagen führen.

Wissenschaftler der Universitätskliniken Heidelberg und Magdeburg haben nun entdeckt, dass das körpereigene Protein aPC im Tierversuch das Fortschreiten der diabetischen Nephropathie verlangsamt und sogar stoppt.

Die Wissenschaftler spritzten erkrankten Mäusen zusätzliches aPC. Mit Erfolg: Die Nephropathie schritt nicht weiter fort.

Das Team klärte zudem die molekularen Details dieser Schutzwirkung auf: Indem das Protein die Erbinformation der Nierenzellen an bestimmten Stellen chemisch verändert, unterbricht es eine Reaktionskette, die zur Anreicherung von Zellgiften - den Sauerstoff-Radikalen - führen würde.

Entstehen weniger Radikale, bleiben die Nierenzellen länger gesund. Bei Diabetikern ist dieser Mechanismus nur eingeschränkt aktiv.

Mit Hilfe der Ergebnisse, die jetzt online in den "Proceedings of the National Academy of Sciences USA" (PNAS 2012; online 24. Dezember) erschienen sind, könnte der Signalweg in Zukunft therapeutisch genutzt werden, teilt die Universität Heidelberg mit.

Bei Diabetes wird aPC in den Nieren nicht ausreichend gebildet. Vorarbeiten einer Heidelberger Arbeitsgruppe um Professor Dr. Nawroth, Direktor der Abteilung für Innere Medizin I und Klinische Chemie am Universitätsklinikum Heidelberg, und Professor Dr. Berend Isermann, jetzt Direktor des Instituts für Klinische Chemie am Universitätsklinikum Magdeburg, hatten 2007 im Tierversuch gezeigt, dass bei Diabetes ein bestimmtes Signalprotein, das so genannte Aktivierte Protein C (aPC), in den Nieren nicht ausreichend gebildet wird.

In Folge sterben die Nierenzellen ab. Nun nahm das Team die Schutzwirkung des Proteins genauer unter die Lupe. Die Forscher entdeckten, dass bei Mäusen ohne Protein C die Nephropathie deutlich schneller voranschreitet als bei Mäusen mit Schutzprotein.

Der Grund: Protein C verhindert, dass in den Nierenzellen ein Eiweiß namens p66shc gebildet wird, das bei erhöhtem Blutzuckerspiegel aktiv ist und bei der Entstehung von schädlichen Sauerstoff-Radikalen eine Schlüsselrolle spielt. Dazu setzt aPC eine Reaktionskette in Gang und sorgt dafür, dass der genetische Bauplan für p66shc in der Erbinformation unzugänglich verpackt und damit blockiert wird.

Dass bei Diabetikern weniger aPC entsteht als bei Gesunden, liegt vermutlich an den bei Diabetes häufig auftretenden Gefäßschäden: Sie schwächen das Signal zur aPC-Bildung. "Die schützende Wirkung des Protein C ist bei Diabetikern wahrscheinlich nicht voll ausgeschöpft", sagt Fabian Bock, Erstautor der Studie und Doktorand der Medizinischen Fakultät Heidelberg.

Die Wissenschaftler spritzten erkrankten Mäusen daher zusätzliches aPC. Mit Erfolg: Die Nephropathie schritt nicht weiter fort. Als Medikament eignet sich aPC in dieser Form trotzdem nicht.

Das Protein, bis 2011 für die Therapie schwerer Entzündungsreaktionen (Sepsis) zugelassen, kann starke Nebenwirkungen verursachen. "Unsere Ergebnisse beweisen aber, dass dieser Reaktionsweg sich als Ansatzpunkt neuer Therapien eigenen könnte", so Bock. (eb)

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