Nach Adipositas-Op

Krebs statt Pfunde

Dicke Menschen, die sich chirurgisch die Kilos entfernen lassen, verlieren zwar an Gewicht - aber dafür wächst anschließend das Risiko für Darmkrebs. Das legt eine schwedische Kohortenstudie nahe.

Von Dr. Christine Starostzik Veröffentlicht:
Adipositas-Chirurgie bietet für stark Adipöse viele Vorteile.

Adipositas-Chirurgie bietet für stark Adipöse viele Vorteile.

© Waltraud Grubitzsch/dpa

STOCKHOLM. Stark übergewichtigen Patienten bringt Adipositas-Chirurgie nicht nur Erleichterung hinsichtlich ihres Gewichts.

Unbestritten sind heute auch andere Vorteile wie Verbesserung eines Diabetes sowie die geringere Belastung von Herz und Kreislauf.

Allerdings kam in letzter Zeit der Verdacht auf, dass Patienten, die sich einer Adipositas-Op unterziehen, danach ein erhöhtes kolorektales Krebsrisiko haben. Dem Langzeitrisiko dieser Patienten gingen schwedische Wissenschaftler in einer retrospektiven Kohortenstudie nach (Ann Surg 2013; online 6. März).

Für den Zeitraum von 1980 bis 2009 verglichen sie die Daten von operierten und nicht operierten Adipösen mit Kontrollen aus der Allgemeinbevölkerung.

Daten von 77.111 Adipösen analysiert

Von insgesamt 77.111 adipösen Patienten erhielten 15.095 eine Adipositas-Chirurgie. Das mittlere Alter der Operierten lag bei 39, das der nicht Operierten bei 49 Jahren.

70 Personen der Op-Gruppe entwickelten eine kolorektale Krebserkrankung, was einer standardisierten Inzidenzrate (SIR) von 1,6 entspricht.

Die SIR ergibt sich aus dem Quotienten von beobachteter und erwarteter Erkrankungszahl und dient der Abschätzung des relativen Risikos bei einer bestimmten Kohorte in Bezug zur Allgemeinbevölkerung.

Je länger die Adipositas-Op zurücklag, desto weiter stieg die SIR und erreichte nach zehn und mehr Jahren einen Wert von 2,0. Diese Risikoerhöhung wurde weder durch die Art des chirurgischen Eingriffs (Magenband, -plastik oder -bypass) noch durch die Anzahl der Operationen beeinflusst.

Risiko bei Männern deutlicher gestiegen

In der Gruppe der nicht operierten Adipösen war die SIR mit 1,26 zwar auch leicht erhöht, lag aber deutlich unter dem Wert der operierten Patienten und blieb außerdem im gesamten Beobachtungszeitraum konstant. Insgesamt war die Risikosteigerung bei den Männern deutlicher zu beobachten als bei den Frauen.

Fazit der Autoren: Da sich die Gruppen hinsichtlich ihres Durchschnittsalters deutlich unterscheiden, ist der direkte Vergleich der Erkrankungszahlen zwischen operierten und nicht operierten Adipösen kritisch zu sehen.

Doch die lange Beobachtungszeit, in der sich der Risikounterschied weiter verstärkte, gleicht den Einfluss dieser Ungenauigkeit wieder aus.

Hyperproliferation in Rektalmukosa

Warum das Darmkrebsrisiko bei Adipösen postoperativ erhöht ist, ist noch nicht klar.

Mögliche Hinweise könnten frühere Ergebnisse der gleichen Autoren liefern, die kürzlich über eine Hyperproliferation in der rektalen Mukosa bei Patienten nach Magenbypass sowie die gleichzeitige Hochregulierung tumorbegünstigender Faktoren in diesem Gewebe berichteten.

Die Autoren schließen aus den Ergebnissen der Kohortenstudie, dass möglicherweise ein Zusammenhang zwischen der Adipositas-Chirurgie und einem erhöhten Risiko für eine kolorektale Krebserkrankung in der Folgezeit besteht.

Eine engere Überwachung dieser Patienten per Koloskopie wäre dann hilfreich.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 05.04.201308:55 Uhr

"Dümmer geht''s nümmer"?

Das ist der Kracher: Die gleichen Strategen, die behaupten, bis zu 40 Prozent aller Krebs-Ursachen seien auf krasse Fehl- und Überernährung bzw. schädliche Umwelteinflüsse kausal zurückzuführen, unterstellen ausgerechnet bei den absoluten Hochrisikogruppen für kolorektale Krebserkrankungen eher der Adipositas-Chirurgie s e l b s t, durch ihre bariatrischen Eingriffe Darmkrebs auszulösen? "Conclusions: Obesity surgery seems to be associated with an increased risk of colorectal cancer over time", formulieren die Autoren im Abstract eher verhalten.

Das ist in etwa so logisch geschlussfolgert wie, dass Eheschließungen eine der Haupttodesursachen sein müssten, weil mehr als die Hälfte der Ehen o h n e Scheidung so lange halten, "bis dass der Tod sie scheidet"!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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