Mikrochip lässt Blinde Licht erkennen

AACHEN (eb). Mit einem Mikrochip im Auge können Blinde wieder Licht und Muster wahrnehmen. Die erste vollständig implantierbare Sehprothese wurde am Universitätsklinikum Aachen bei sechs Patienten mit Retinitis pigmentosa erfolgreich eingesetzt. Alle sechs Patienten konnten nach Jahren völliger Dunkelheit erstmals wieder Lichtquellen orten und Muster erkennen.

Veröffentlicht:

Keine Science-Fiction, sondern Realität in der Augenklinik der Universität Aachen - die Kommunikation zwischen Mikroelektronik und der Sehrinde im Gehirn. Dort ist es gelungen, per Mikrochip im Auge Bilder aus einer Videokamera ins Gehirn zu übertragen und so Blinden einen Seheindruck zu vermitteln.

Ingenieure und Augenärzte arbeiten seit dreizehn Jahren gemeinsam an der Vision, eine künstliche Netzhaut zu entwickeln, mit der Blinde wieder sehen können. Die Implantation der Sehprothese EpiRet verlief bei den ersten sechs Patienten erfolgreich, heißt es in einer Mitteilung des Bundesforschungsministeriums (Newsletter 37, 2008, 13).

Für Patienten und Forscher war es ein spannender Moment, als sie die ersten Sehtests nach der zweistündigen Operation starteten. Viele Jahre hatten die Patienten nichts als Dunkelheit wahrgenommen. Nun können sie Lichtquellen orten und Punkte oder Linien erkennen. "Wir konnten den Patienten ein minimales Sehvermögen zurückgeben, mit dem sie Hindernisse erkennen und sich damit in ihrer Umgebung besser zurechtfinden können", sagt Uwe Thomas, Geschäftsführer des Start-up-Unternehmens EpiRet.

Elektrische Impulse stimulieren die Nervenzellen der Netzhaut

Zu dem System gehören ein Brillengestell mit einer Minikamera und ein Walkman-ähnliches Gerät, das die Patienten am Körper tragen. Hier werden die von der Kamera aufgezeichneten Bilder bearbeitet, bevor sie telemetrisch - also berührungslos und ohne Kabel - auf eine Spule im Chip übertragen werden. Der im Linsensack eingesetzte Mikrochip empfängt die Bilddaten und wandelt sie in elektrische Impulse um. Eine hauchdünne Folie leitet die Impulse vom Chip zu 25 winzigen auf der Netzhaut fixierten Elektroden. Die elektrischen Impulse stimulieren dann die Nervenzellen in der Netzhaut und werden über den Sehnerv ins Gehirn übertragen, wo der Seheindruck entsteht.

Die Patienten benötigen allerdings etwas Übung, bevor sie mit der geringen Bildauflösung von derzeit maximal 25 Punkten etwas erkennen können. Denn jede Elek-trode liefert derzeit nur einen Bildpunkt. "Das Gehirn muss erst lernen, daraus ein vollständiges Bild zusammenzusetzen", erläutert Thomas.

In knapp drei Jahren soll das Implantat marktreif sein

Die nächste Implantat-Generation wird bereits vorbereitet. Die Wissenschaftler wollen dann 265 statt bisher 25 Elektroden auf die Netzhaut setzen. Weil sie gut verträglich ist, kann die Prothese so lange im Auge bleiben, wie der Patient es wünscht. In zwei bis drei Jahren könnte das neue Implantat marktfähig sein und zur Behandlung bei Retinitis pigmentosa zur Verfügung stehen.

Bei dieser erblichen Netzhauterkrankung führt die Zerstörung der Sehzellen in der Retina von einer eingeschränkten Sicht bis hin zur völligen Erblindung. Darüber hinaus wollen die Forscher das Implantat weiterentwickeln, um die Sehprothese künftig auch zur Therapie der häufigsten Ursache des Sehverlusts im Alter - der Makuladegeneration - zu verwenden.

Die Entwicklung der Sehprothese wurde maßgeblich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiiert und gefördert. Mit 17,5 Millionen Euro hat das BMBF die Entwicklung von Sehprothesen seit 1995 finanziell unterstützt.

Weitere Infos im Internet unter www.epi-ret.net

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Leichte Handhabung, korrekte Verabreichung

Aflibercept-Biosimilar in anwenderfreundlicher Fertigspritze

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Advanz Pharma GmbH, München
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

10 Fragen, 10 Antworten

Ausgeschlafen trotz Schichtdienst: Wie das klappen kann

Interview

Wie Ärzte in Stresssituationen richtig reagieren können

Lesetipps
Umrisse mehrere Menschen in bunten Farben.

© Pandagolik / stock.adobe.com

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an