Mit großen Schritten zu gesundem Herzen

Vitalität ist Herzenssache. Ein bewegtes Leben ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur kardiovaskulären Gesundheit. Epidemiologische Studien belegen, dass körperlich aktive Menschen eine wesentlich bessere Chance haben, lebenslang gesund zu bleiben.

Von Kirsten Westphal Veröffentlicht:
Wandern ist ein optimaler Einstieg in ein körperlich aktives Leben.

Wandern ist ein optimaler Einstieg in ein körperlich aktives Leben.

© Patrizia Tilly / fotolia.com

Körperliche Aktivität wirkt der Manifestation einer KHK entgegen und kann die Gesamtmortalität entscheidend senken, so Professor Klaus Bös, Leiter des Instituts für Sport und Sportwissenschaft am Karlsruher Institut für Technologie. Doch Sport hilft auch dann noch, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Eine Metaanalyse randomisierter Studien zur Rehabilitation nach Herzinfarkt ergab eine deutliche Minderung der Mortalität bei regelmäßiger körperlicher Aktivität.

Sport verbessert die Endothelfunktion

Die zugrunde liegenden Mechanismen sind zum Teil bereits gut untersucht, etwa wirkt sich körperliche Aktivität günstig auf den Kohlenhydrat- und den Fettstoffwechsel aus. Eine Schlüsselrolle für den positiven Effekt der körperlichen Aktivität spielt nach Aussage von Bös die Verbesserung der Endothelfunktion durch regelmäßige aerobe körperliche Aktivität. Die bei KHK und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen typischerweise bestehende endotheliale Dysfunktion wird zum einen auf eine verminderte Produktion von Stickstoffmonoxid (NO), zum anderen auf dessen vorzeitige Inaktivierung durch freie Sauerstoffradikale zurückgeführt.

Aktuelle Studien zeigten hier einen günstigen Einfluss von körperlicher Aktivität. Bereits nach vierwöchigem täglichem Training hatte sich die endotheliale Dysfunktion erheblich verbessert, ablesbar an einer deutlichen Zunahme der koronaren Blutflussreserve. Neuere Studien weisen zudem auf potenzielle Reparaturmechanismen sowie Angiogenese durch endotheliale Progenitorzellen infolge von aerobem Training hin.

Im Alltag bleibt körperliche Aktivität jedoch oft auf der Strecke: "Wir bewegen uns zu wenig, essen falsch und zu viel. Diese Dysbalance von Energieaufnahme und -verbrauch hat Folgen: Die bequeme Treppe abwärts endet häufig mit Krankheiten und leider viel zu oft mit dem Herzinfarkt", so Bös. Aber: Den inneren Schweinehund zu überwinden und dauerhaft aktiv zu werden, fällt vielen schwer. Erfolg versprechen daher nur Konzepte, die langfristig motivieren. Für den Einstieg in Bewegungsprogramme heißt das: Sie müssen an die individuellen Voraussetzungen angepasst werden, sollten niedrigschwellig ("weniger ist mehr"), kompetent, modern, günstig und nachhaltig sein - sowie für jeden ohne großen Aufwand zur Verfügung stehen. Eine ideale Möglichkeit bieten Outdoor-Sportarten wie Joggen, Walken oder Wandern.

Die Menschen abholen, wo sie noch sitzen

Einen Anreiz zum Einstieg ins Besser-Gehen bietet der kostenlose Herzkraft-Check online unter (www.kraftquelle-herz.de). Er wurde am Karlsruher Institut für Sport und Sportwissenschaft entwickelt und besteht aus einem Risikocheck, einer Überprüfung von Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination sowie einer abschließenden Empfehlung für ein persönliches Vier-Wochen-Fitnesstraining. "Der Check holt die Menschen dort ab, wo sie (noch) sitzen - zu Hause vor dem PC", so Bös.

Von Beginn an wurde der Herzkraft-Check gut frequentiert. Um Informationen über die Motivation zu bekommen, wurden die Daten von 580 Personen analysiert, die in einem Zeitraum von drei Monaten teilgenommen hatten: Nur 18 Prozent der im Schnitt 58-jährigen Teilnehmer waren Nichtsportler, 24 Prozent hingegen Gelegenheits-, 32 Prozent Gesundheits- und 25 Prozent sogar Intensivsportler. Dennoch klagten viele über Rückenschmerzen, Schwindel oder Gleichgewichtsprobleme, 73 Prozent kamen bei körperlicher Anstrengung rasch außer Atem. "Diese Tatsache kann man mit einer mangelnden Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems in Verbindung bringen", erläutert Bös. Aber: "Diese Verbindung wird nur von 6 Prozent der Teilnehmer gesehen."

Die Detailanalyse machte zudem deutlich: Das persönliche Wohlbefinden korreliert mit der Aktivität. Zudem wiesen die fitteren Teilnehmer weniger Einschränkungen in der Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems auf. "Hierin liegt die große Chance von Interventionen, dass relativ schnell positive Trainingseffekte an Herz-Kreislauf-System und Skelettmuskulatur erzielt werden können", so Bös.

Auch die Seele profitiert vom Naturerlebnis

Darüber hinaus sollte der psychologische Effekt von Bewegung nicht unterschätzt werden. Dies gilt vor allem für Outdoor-Aktivitäten, die in der Natur stattfinden. "Jogger, deren Strecke durch ein natürliches Umfeld führt, haben im Nachhinein nicht nur einen höheren Gehalt an Stimmungshormonen im Blut, sondern fühlen sich im Gegensatz zu Laufbandläufern über die gleiche Strecke auch subjektiv frischer und entspannter", so Dr. Rainer Brämer, Natursoziologe und Vorsitzender des Deutschen Wanderinstituts e.V. Marburg.

Unterstützen lassen sich die positiven Herz-Kreislauf-Effekte regelmäßiger Bewegung durch Crataegus-Präparate. Weißdorn-Extrakt wird traditionell zur Herzstärkung eingesetzt. Auch in der modernen Medizin und Naturheilkunde ist Weißdorn eine der wichtigsten Heilpflanzen zur Förderung der Herzleistung.

Jeder Schritt hält fit - für Wandern gilt dies ganz besonders. Dies bestätigt die erste nationale "Grundlagenuntersuchung Freizeit- und Urlaubsmarkt Wandern". Die vom Deutschen Wanderverband mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie initiierte Untersuchung bietet erstmals repräsentative Daten zum Wandern. "Auf Basis der persönlichen Einschätzung betrachten sich in Deutschland etwa 40 Millionen Menschen als aktive Wanderer", so Dr. Ulrich Rauchfuß, Präsident des Deutschen Wanderverbandes in Kassel. Das entspricht 56 Prozent der Bevölkerung über 16 Jahren - nahezu jeder Dritte von diesen aktiven Wanderern ist mindestens einmal, viele auch mehrmals im Monat unterwegs. Die anderen wandern ein- bis zweimal im Jahr.

Die Gründe für die Lust am Wandern sind offensichtlich: das aktive Naturerleben, die Bewegung und Regeneration sowie die Möglichkeit der Begegnung und Förderung sozialer Kontakte. "Das bestätigt eindeutig, dass Wandern mehr ist als Gehen in der Landschaft, sondern mit Recht als eine Aktivität gewertet werden kann, die eine ganzheitliche Wirkung auf den Menschen erzielt", resümiert Rauchfuß. Nach einer Wanderung fühlten sich, im Gegensatz zu vorher, 63 Prozent körperlich fitter, 79 Prozent seelisch ausgeglichener, 48 Prozent geistig fitter, 86 Prozent glücklich und zufrieden und 92 Prozent insgesamt besser. Mit der Bewegungsinitiative "Let's go - jeder Schritt hält fit" mit neu entwickelten "Gesundheitswanderungen" bietet der Deutsche Wanderverband für alle eine Chance zum Einstieg in die Bewegung. "Wichtig für die Teilnehmer ist, am eigenen Leib zu erfahren, dass Bewegung gut tut und Spaß macht", so Rauchfuß.

Dabei kann sich der gesundheitliche Nutzen des Wanderns durchaus sehen lassen. Die beim Wandern aufgebrachte Herz-Kreislauf-Leistung zwischen 50 und 150 Watt über mehrere Stunden hat einen nachweisbaren Trainingseffekt auf Herz und Gefäße. (kw)

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