Moderate Anämie nicht ernst genug genommen

BONN (KHS). Es gibt eine direkte Korrelation zwischen dem Anstieg des Hämoglobin-Wertes und dem Zuwachs an Lebensqualität bei Patienten mit Anämie. Professor Mohammad Resa Nowrousian aus Essen beklagt deshalb die Tatsache, daß eine noch moderate Anämie von Ärzten oft nicht ernst genug genommen werde.

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Nach Ansicht des Oberarztes an der Inneren Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Essen wirkt sich ein Anstieg aber gerade zwischen einem Hb-Wert von 11 und 12 g/dl am deutlichsten auf die Befindlichkeit der Patienten aus, obwohl einige Ärzte bei einem Wert von 11 g/dl dächten, "das geht gerade noch".

Außer den großen Gruppen der Patienten mit Nephropathien und Diabetes seien vor allem Patienten mit malignen Tumoren von Anämie betroffen. Hier seien Blutverlust, Hämolyse, Nierenfunktionsstörungen und Knochenmarksbefall zwar häufige Ursachen, am häufigsten trete die Anämie aber allein durch die Tumorerkrankung auf, ohne daß einer dieser Faktoren eine Rolle spiele.

Chemotherapie kann Anämie verstärken oder auslösen

Eine solche Anämie könne durch die Chemotherapie verstärkt oder erst ausgelöst werden. Manche Chemotherapeutika seien zum Beispiel nephrotoxisch und reduzierten die Synthese von Erythropoetin. Vor der Behandlung liege der Anteil anämischer Patienten bei 15 bis 30 Prozent. Nach der Behandlung könne der Anteil anämischer Patienten - je nach Tumorart und verwendetem Chemotherapeutikum - bei bis zu 90 Prozent liegen.

Als "bedrückend" bezeichnete Nowrousian die Tatsache, daß die Anämie bei der Mehrzahl dieser Patienten nicht ausreichend Grund für eine Behandlung sei.

In einer jüngst veröffentlichten großen europäischen Studie mit fast 14  000 Patienten hätten sieben Prozent der Patienten Eisen bekommen, 14 Prozent Transfusionen, 17 Prozent Erythropoetin und 61 der Anämie-Prozent seien deswegen überhaupt nicht behandelt worden - wobei von diesen Nichtbehandelten nach Ansicht von Nowrousian 51 Prozent "definitiv Kandidaten für eine Therapie gewesen" wären. Offenbar fehle es noch an einem Verständnis dafür, was eine Anämie "alles anrichten" könne.

Vor allem das Gehirn reagiert auf den Sauerstoffmangel

Es gebe kaum ein Organsystem, so der Onkologe auf dem gemeinsamen Symposium von Hoffmann-La Roche und HemoCue in Bonn, das durch eine Anämie nicht beeinträchtigt werde. Vor allem das Gehirn reagiere auf den relativen Sauerstoffmangel mit Kopfschmerzen, Tinnitus, Schwindelerscheinungen, Lethargie, Depression, verminderten kognitiven Fähigkeiten, Schlafstörungen oder chronischer Müdigkeit, dem Fatigue-Syndrom. Dauerhafte Müdigkeit, das Kardinalsymptom der Anämie, beeinträchtige den Lebensalltags eines Menschen enorm und sollte nach Nowrousian unbedingt adäquat behandelt werden.

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