Renaissance systemischer Kortikoide bei Polyarthritis

FULDA (KHS). Manifestiert sich eine chronische Polyarthritis erst nach dem sechzigsten Lebensjahr, verläuft die Erkrankung oft von Beginn an hochentzündlich. Deshalb ist es wichtig, die Diagnose bei diesen Patienten möglichst rasch zu stellen, um zu verhindern, daß sich frühzeitige Muskelatrophien und Gelenkdestruktionen entwickeln.

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Darauf wies Dr. Hans J. Hatz beim Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie in Fulda hin. Hatz ist der Ärztliche Leiter der Klinik Feldafing. Bei etwa 40 Prozent der alten Menschen mit chronischer Arthritis werde die Diagnose nicht im ersten Jahr der Erkrankung gestellt, sagte Hatz bei einem Symposium von Sanofi-Aventis.

Ein Grund sei, daß bei Krankheitsbeginn polymyalgische Beschwerden im Vordergrund stehen könnten, Rheumafaktoren zu Beginn oft negativ getestet würden und Rheumaknoten bei den alten Patienten nur relativ selten vorhanden seien. Auch beginne die Erkrankung häufig atypisch an einem Gelenk und werde dann als Monoarthrose fehlgedeutet.

Frühe Hinweise auf eine Polyarthritis ergeben die Szintigraphie und die Sonographie. Damit kann man erkennen, daß etwa Beschwerden im Schulterbereich nicht auf eine Bursitis, sondern auf eine Gelenkentzündung zurückzuführen sind.

Hatz riet zu Vorsicht beim Einsatz nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR). Früher sei dies die Basistherapie bei Patienten mit chronischer Polyarthritis gewesen; feste Stufenschemata mit NSAR seien jedoch verlassen worden. Es werde freier kombiniert und NSAR möglichst lange gemieden, so der Rheumatologe.

Bei einer Ulkuserkrankung in der Anamnese sollten NSAR ohnehin möglichst nicht eingenommen werden. Auch sei die Leber- und Nephrotoxizität von Medikamenten bei älteren Patienten besonders zu beachten.

Hatz setzt sich für die Therapie mit Analgetika wie Paracetamol und Novaminsulfon bei alten Menschen mit chronischer Polyarthritis ein. Nach dem WHO-Schema könnten auch Opioide wie Tilidin und Tramadol eingesetzt werden.

Die Diskussion um die NSAR habe dazu geführt, daß "die beste und anhaltendste Entzündungshemmung, die Kortison-Behandlung" wieder in den Vordergrund gerückt sei. Hatz empfahl die Hochdosis-Behandlung mit Kortison zu Beginn der Erkrankung als Stoßtherapie.

Man beginnt mit etwa 10 mg Prednisolon-Äquivalent pro Tag, und reduziert dann langsam wieder auf 2,5 bis 5 mg Prednisolon-Äquivalent. Das ist die Dosis für die Langzeittherapie. Eine Richtlinie zur Dosis gebe es nicht, sogar mit 1,5 mg könnten Patienten erfolgreich behandelt werden.

Bei den systemisch wirksamen Kortikoiden empfiehlt Hatz die drei Wirkstoffe Prednison, Prednisolon und Methylprednisolon. Sie hätten eine kurze biologische Halbwertszeit und Rezeptorbindungsfähigkeit. Die anderen Kortikoide seien fluoriert und hätten eine Reihe unerwünschter Wirkungen, wie Muskelatrophie oder Störungen der Hypophysen-Nebennierenrinden-Regelkreis, so Hatz. Wegen der Vorbehalte gegen Kortison müßten die Patienten gut aufgeklärt werden.

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