Schlaganfall: Körpertraining mit Sensoren

NEU-ISENBURG (eb). Aufwändige Animationen in Spielfilmen oder Computerspielen werden mit Bewegungssensoren ermöglicht, die natürliche Bewegungen erfassen. In einem Forschungsprojekt wird die Tricktechnik jetzt für die Rehabilitation von Patienten nach einem Schlaganfall genutzt.

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Der Sensor am Arm überträgt die Bewegungsabläufe auf den Bildschirm. Bewegungen können so korrigiert werden.

Der Sensor am Arm überträgt die Bewegungsabläufe auf den Bildschirm. Bewegungen können so korrigiert werden.

© Foto: Philips

Regelmäßiges Training ist wichtig, damit Patienten nach einem Schlaganfall ihre Beweglichkeit zurückgewinnen. Die Realität sieht leider häufig anders aus. Viele Schlaganfall-Patienten erhalten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus nicht die optimale Unterstützung bei der Rehabilitation, denn eine Therapie zu Hause ist kostspielig und aus dem Haus trauen sich die Patienten aufgrund von Einschränkungen vielfach nicht. Jetzt haben Forscher eine Lösung entwickelt, mit der Betroffene in ihrem gewohnten Umfeld selbstständig die für ihre Rehabilitation erforderlichen Übungen vornehmen können.

Patienten können die Übungen allein zu Hause vornehmen.

Die von Philips entwickelte Technik nutzt Bewegungssensoren, die der Patient am Oberkörper und an den Armen anbringt. Wie das Unternehmen mitteilt, sind die Sensoren über Funk mit einer Konsole verbunden, über die ein individuell für den Patienten von einem Physiotherapeuten zusammengestelltes Trainingsprogramm abläuft. Während der Patient die Übungen vornimmt, werden seine Bewegungsabläufe auf dem Bildschirm dargestellt. Dadurch hat er eine unmittelbare Rückmeldung, ob er die Übungen korrekt durchführt und worauf er besonders achten muss. Die Konsole übertrage die Trainingsergebnisse anschließend zurück an den Physiotherapeuten, so dass dieser immer über den Trainingsstand seines Patienten informiert sei und Übungen bei Bedarf anpassen könne.

Ein Prototyp des Systems wird nach Angaben von Philips aktuell an der Charité Universitätsmedizin Berlin getestet und weiter entwickelt. "Gerade für ältere Schlaganfall-Patienten ist es aufgrund eingeschränkter Beweglichkeit und geistiger Fähigkeiten schwierig, Therapieangebote außerhalb des Krankenhauses wahrzunehmen", erläutert Professor Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Leiterin der Forschungsgruppe Geriatrie. "Das System, das wir gemeinsam mit Philips entwickeln, würde es älteren Schlaganfall-Patienten ermöglichen, zu Hause zu üben und es würde Therapeuten erlauben, gleichzeitig mehr als einen Patienten zu betreuen."

Schlaganfall ist weltweit die dritthäufigste Todesursache und führt bei Überlebenden häufig zu schweren, dauerhaften Behinderungen. Allein in Deutschland bekommen jährlich etwa 165 000 Menschen einen Schlaganfall. Fast 65 000 der Betroffenen sterben im Verlauf eines Jahres. Von den Überlebenden behalten 64 000 eine Behinderung und bleiben pflegebedürftig. Insbesondere ältere Menschen sind von Schlaganfällen betroffen: 80 Prozent sind 60 Jahre oder älter.

Da diese Bevölkerungsgruppe stark wächst, ist bereits heute absehbar, dass auch die Zahl der Schlaganfall-Patienten weiter steigen wird. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte wird voraussichtlich der Anteil der über 60-Jährigen in Deutschland von 24 Prozent im Jahr 2003 auf 38 Prozent im Jahr 2050 steigen. Die Zahl der Schlaganfalltoten wird sich im gleichen Zeitraum fast verdoppeln - auf geschätzte 300 000 Betroffene.

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