Schwangerschaft

Sorgt eine Immunreaktion für Spontanaborte?

Bei etwa fünf Prozent der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch liegt das daran, dass sie ihr Kind immer wieder in den ersten Schwangerschaftsmonaten verlieren. Forscher haben nun eine mögliche Ursache der wiederkehrenden Spontanaborte gefunden.

Veröffentlicht:
Sieben Wochen alter Fötus in einer Fruchtblase. Bei etwa fünf Prozent der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch kommt es immer wieder in einer solch frühen Schwangerschaftsphase zu einem Abort.

Sieben Wochen alter Fötus in einer Fruchtblase. Bei etwa fünf Prozent der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch kommt es immer wieder in einer solch frühen Schwangerschaftsphase zu einem Abort.

© Peter Endig / dpa

MÜNCHEN. Über die Plazenta steht der Embryo in unmittelbarem Kontakt mit dem Blutkreislauf der Mutter und wird so versorgt. Bei Frauen mit Spontanaborten sorgt offenbar jedoch eine Immunreaktion gegen einen Antikörper, der gegen den Trophoblasten gerichtet ist, für den Abgang. Das haben Forscher vom LMU-Hormon- & Kinderwunschzentrum Großhadern (München) jetzt herausgefunden und publiziert (doi.org/10.1016/j.ebiom.2019.02.027).

Bereits in vorangegangenen Untersuchungen hatten die Forscher bei 17 Prozent der Frauen mit zwei oder mehr aufeinanderfolgenden Aborten solche Antikörper nachgewiesen. Und sogar bei 34 Prozent der Frauen mit drei oder mehr aufeinanderfolgenden Fehlgeburten wurden sie entdeckt, wie die LMU berichtet. Zunächst war allerdings unklar, wogegen genau sich diese Antikörper richteten.

Das ist der LMU-Mitteilung zufolge nun einem Team um Professor Udo Jeschke gelungen. Demnach produzieren bei Frauen mit mehreren Spontanaborten die Zellen des Trophoblasten das Protein Alpha-Enolase – und transportieren es an ihre Oberfläche. Dort erkennt es das Immunsystem als „feindlich“ und produziert die Auto-Antikörper. Infolge dessen wird unter anderem die Produktion des Schwangerschaft-Hormons hCG beeinträchtigt, wiesen die Forscher in einem Zellmodell nach.

Interessant für die Forscher ist dabei, dass Alpha-Enolase auch im Krankheitsgeschehen weiterer Autoimmunerkrankungen beteiligt ist – zum Beispiel bei Rheumatoider Arthritis oder bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie der Colitis ulcerosa. „Auch hier werden Antikörper gegen die Alpha-Enolase gebildet“, so Jeschke in der Mitteilung. Das Münchner Team will daher nun prüfen, ob diese Medikamente für eine Behandlung von Schwangeren, die Auto-Antikörper gegen die Alpha-Enolase haben, infrage kommen.

Was betroffene Frauen jetzt machen können

Schon jetzt raten die Forscher Frauen mit mehreren Aborten in der Vergangenheit, sich bei einer erneuten Schwangerschaft etwa bei einem Rheumatologen auf Antikörper gegen die Alpha-Enolase testen zu lassen. „Der ungeklärte Verlust eines ungeborenen Kindes führt zu einer hohen seelischen Belastung“, wird die Mitautorin Dr. Viktoria von Schönfeldt zitiert. „Die Diagnose von Auto-Antikörpern bedeutet dann zumindest eine große Erleichterung.“

Darüber hinaus seien für betroffene Frauen sogenannte gepoolte polyvalente Immunglobuline – Gemische von Antikörpern aus Spenderinnen-Blut – eine Therapieoption. Da einige der damit behandelten Frauen gesunde Kinder zur Welt bringen würden, sei es wahrscheinlich, dass die Immunoglobuline die Antikörper gegen Alpha-Enolase unschädlich machten, so die Münchner Wissenschaftler. (run)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

An Embolie und Dissektion denken!

Junge Frauen mit Herzinfarkt: Oft ist es keine Atherosklerose

Umfrage zur Vitamin D-Versorgung

Was tun bei Unterversorgung an Vitamin D?

Kooperation | In Kooperation mit: P&G Health
Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Was zur Prophylaxe wirklich nützt

© bymuratdeniz / Getty Images / iStock

Rezidivierende Harnwegsinfekte

Was zur Prophylaxe wirklich nützt

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Fast jede Frau macht die Erfahrung einer Blasenentzündung. Häufigster Erreger ist E. coli.

© Kateryna_Kon / stock.adobe.com

Prophylaxe von Harnwegsinfekten

Langzeit-Antibiose nicht mehr First Line

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Dermapharm AG
Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Experten-Workshop

Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion von Gilead Sciences beim DÖAK 2025 von links: Dr. Nazifa Qurishi, Fachärztin für Innere Medizin und Infektiologie, Gemeinschaftspraxis Gotenring Köln; Kelly Cavalcanti, HIV-Aktivistin und Referentin für Gesundheit und Empowerment, Köln, und Martin Flörkemeier, Senior Director Public Affairs, Gilead Sciences, München

© Gilead

Unternehmen im Fokus

HIV-Versorgung: Vertrauen in unruhigen Zeiten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Gilead Sciences GmbH, Martinsried
Abb. 1: PD-1-Inhibitoren: immunvermittelte Nebenwirkungen

© Springer Medizin Verlag GmbH

Thoraxchirurgie beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom

Wie können neoadjuvante Immuntherapien die Tumorresektion beeinflussen?

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt