Bayerische Studie

Viele Landwirte wissen nichts von ihrer Hauterkrankung

Die meisten Menschen, die an der frischen Luft arbeiten, haben eine Hauterkrankung, wissen aber nichts davon. Darauf deutet eine Untersuchung von Teilnehmern einer Landwirtschaftsmesse.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
UV-exponierte Außenarbeiten, etwa in der Landwirtschaft, werden immer noch primär von Männern erledigt.

UV-exponierte Außenarbeiten, etwa in der Landwirtschaft, werden immer noch primär von Männern erledigt.

© alexeg84 / stock.adobe.com

MÜNCHEN. Hauterkrankungen sind zwar weit verbreitet, wie häufig sie auftreten, lässt sich jedoch nur schwer sagen. Der Hauptgrund dafür ist die geringe Bedeutung, die Patienten solchen Krankheiten zumessen. So lassen Untersuchungen zufolge 70 Prozent der Betroffenen ihre Haut nicht von einem Arzt untersuchen und behandeln, geben Dermatologen um Dr. Alexander Zink von der TU München zu bedenken (JEADV 2019; online 19. März).

Dies betreffe vor allem Berufsgruppen wie Landwirte oder Bauarbeiter, die zwar aufgrund ihrer Arbeit im Freien ein erhöhtes Risiko für UV-induzierte Hautschäden haben, jedoch eher selten bei einem Dermatologen vorstellig würden, so die Experten.

Die Dermatologen nutzten das „Bayerische Zentral-Landwirtschaftsfest“ während des Oktoberfestes 2016, um bei Beschäftigten in der Agrarwirtschaft einen Blick auf die Haut zu werfen. Dabei stellten sie fest, dass fast zwei von drei Besuchern eine Hauterkrankung hatten.

Fragebogen mit 23 Fragen

Die Querschnittsuntersuchung wurde zusammen mit der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Teil einer Gesundheitskampagne initiiert. Besucher der alle vier Jahre stattfindenden Ausstellung mit rund 280.000 Teilnehmern konnten sich kostenlos dermatologisch untersuchen lassen. Dabei sollten sie zuvor einen Fragebogen mit 23 Fragen zur Arbeitszeit im Freien und zum Gesundheitsbewusstsein ausfüllen.

Drei Dermatologen untersuchten anschließend primär UV-exponierte Hautpartien wie Kopf, Nacken und Arme. Erwähnten die Besucher auffällige Läsionen an anderen Stellen, konnten sie sich auch einer Ganzkörperuntersuchung unterziehen. Fanden die Ärzte Auffälligkeiten, überwiesen sie die Besucher an einen Dermatologen in der Nähe ihres Wohnorts und gaben ihnen schriftlich eine Therapieempfehlung mit auf den Weg.

2700 Besucher füllten den Fragebogen aus, davon ließen sich knapp 2600 dermatologisch untersuchen. Im Schnitt betrug das Alter der Teilnehmer 52 Jahre, 54 Prozent waren Frauen. Etwas mehr als die Hälfte arbeitete in der Landwirtschaft, 7 Prozent gingen einer anderen Arbeit an der frischen Luft nach, die übrigen arbeiteten vorwiegend drinnen.

Screening nur bei 40 Prozent

Anhand der Fragebögen stellten die Forscher fest, dass nur rund 40 Prozent jemals an einem Hautkrebsscreening teilgenommen hatten, immerhin 55 Prozent waren schon einmal bei einem Dermatologen gewesen. Der Gebrauch von Sonnencremes war in dieser Population ebenfalls nicht sehr verbreitet, vor alle nicht bei denen, die regelmäßig im Freien arbeiteten.

So gaben 58 Prozent der Landwirte an, sich während der Arbeit in der Regel nicht einzucremen. Von den Landwirten hatte sich nur die Hälfte überhaupt schon einmal von einem Dermatologen behandeln lassen, und weniger als 38 Prozent waren auf Hauttumoren hin untersucht worden.

Die klinische Untersuchung ergab einen dermatologischen Befund bei knapp 65 Prozent der Teilnehmer. Am häufigsten wurde eine aktinische Keratose diagnostiziert (bei 27 Prozent), gefolgt von Rosazea (26 Prozent), Ekzemen (12 Prozent) sowie Akne (6 Prozent). Ein Basalzell- oder Plattenepithelzellkarzinom diagnostizierten die Ärzte bei rund 3 Prozent, Psoriasis hatten etwas mehr als 1 Prozent.

Vielen ist Dermatose nicht bewusst

Insgesamt wurden bei älteren Personen häufiger Hautkrankheiten festgestellt, bei Männern öfter als bei Frauen (72 versus 58 Prozent). Die Unterschiede beim Alter und Geschlecht ließen sich jedoch im Wesentlichen auf die Prävalenz der aktinischen Keratose zurückführen. Diese Erkrankung trat bei Männern mehr als dreifach häufiger auf als bei Frauen (41 versus 14 Prozent) und bei über 70-Jährigen rund 20-fach so oft wie bei unter 40-Jährigen (42 versus 2 Prozent).

Eine ähnliche Verteilung ergab sich für Basalzell- oder Plattenepithelzellkarzinome. Die nahe liegende Erklärung ist, dass UV-exponierte Außenarbeiten immer noch primär von Männern erledigt werden. Dafür trat Akne bei jungen Frauen doppelt so oft auf wie bei Männern.

Unter Besuchern, die nicht primär draußen arbeiteten, waren Hauterkrankungen insgesamt seltener anzutreffen (bei 57 Prozent), dies war auch hier vor allem auf eine geringere Rate UV-bedingter Läsionen zurückzuführen.

Obwohl rund zwei Drittel der Teilnehmer eine Hauterkrankung attestiert bekamen, hatten von diesen 62 Prozent in den Fragebögen angegeben, an keiner Hauterkrankung zu leiden. Den allermeisten war ihre Dermatose also nicht bewusst.

Da solche Personen in der Regel auch nicht zum Dermatologen gehen, eigneten sich administrative Daten wenig, um die Prävalenz von Dermatosen in der Bevölkerung abzuschätzen. Hier könnten Untersuchungen bei zufällig ermittelten Personen aufschlussreicher sein, geben die Ärzte um Zink zu bedenken.

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