Schilddrüse

Wechselwirkungen bei L-Thyroxin-Substitution im Fokus

Wenn Patienten sich besonders schwer auf eine stabile L-Thyroxin-Dosis einstellen lassen, sollte man auch an mögliche Interaktionen mit Medikamenten oder Nahrungsmitteln denken.

Veröffentlicht:
Auch 2017 findet wieder die Aktionswoche der Schilddrüsen-Initiative Papillon statt.

Auch 2017 findet wieder die Aktionswoche der Schilddrüsen-Initiative Papillon statt.

© Sanofi

NEU-ISENBURG. Viele Nahrungsmittel und Medikamente wirken sich auch auf die Schilddrüsenfunktion beziehungsweise auf die Aufnahme und Verstoffwechselung von L-Thyroxin aus. Die Substitution von L-Thyroxin ist aber ein relativ träges System, das nicht so leicht akut zu stören ist, wird Professor Onno Janßen im "THY - der aktuelle Schilddrüsen-Report" zitiert. Daher seien Interaktionen aufgrund der hohen Verschreibungszahlen zwar sehr häufig, aber meist geringfügig und vorübergehend, so der Internist vom endokrinologikum Hamburg.

Schilddrüsenwoche

Auch 2017 gibt es wieder eine Schilddrüsenwoche. Sie findet vom 8. bis 15. Mai statt.

Mehr Informationen unter: www.infoline-schilddruese.de

Angesichts der Häufigkeit sollte man trotzdem wissen, welche Wechselwirkungen bei der Substitutionstherapie mit L-Thyroxin zu erwarten sind. In einer Untersuchung des Qualitätszirkels "Pharmazeutische Betreuung Augsburg" schaffte es die Interaktion zwischen Schilddrüsenhormon und polyvalenten Kationen mit 55 von 5.145 Meldungen in 107 teilnehmenden Apotheken immerhin in die Top Ten der gemeldeten Interaktionen in der Selbstmedikation. Hochgerechnet auf alle Apotheken in Bayern wären das 82.000 zumindest mittelschwere Interaktionen pro Jahr. Insbesondere sollte man mögliche Interaktionen im Hinterkopf behalten, wenn sich Patienten schlecht einstellen lassen. Außerdem kann es sinnvoll sein, bei eigentlich stabil eingestellten Patienten bei Beginn einer Therapie mit bestimmten Medikamenten im Verlauf die Auswirkungen auf die Schilddrüsenfunktion zu überprüfen.

Verminderte Resorption

Was hat es mit den polyvalenten Kationen auf sich? Ca2+, Mg2+, Al3+, Zn2+ und Fe2+/3+ sind nicht nur in freiverkäuflichen magensäurebindenden Antazida, sondern auch in zahlreichen Sportgetränken, Brausetabletten, Osteoporose-Medikamenten, Mineralwässern und Nahrungsergänzungsmitteln enthalten.

Durch die Bildung von schwerlöslichen Komplexen können sie die Resorption von L-Thyroxin vermindern, sodass L-Thyroxin mindestens zwei Stunden vorher eingenommen werden sollte. Da viele Patienten die Anwendung solcher Substanzen nicht von sich aus beim Arzt angeben, sollte unter einer L-Thyroxin-Therapie immer explizit nach Brausetabletten und Nahrungsergänzungsmitteln gefragt werden. Auch für Ciprofloxacin wird eine Hemmung der Resorption von L-Thyroxin diskutiert.

Milchkaffee als "Duo infernale"

Andere Nahrungsmittel und Medikamente können die Resorption von L-Thyroxin im Dünndarm ebenfalls hemmen. Dazu gehören Ionenaustauscherharze wie Colestyramin und Colestipol, die bei Hypercholesterinämie eingesetzt werden, oder auch die bei Hyperkaliämie angewandten Salze der Polystyrolsulfonsäure. Bei diesen Substanzen, die L-Thyroxin im Gastrointestinaltrakt binden, sollte ein Abstand von vier bis fünf Stunden zur L-Thyroxin-Einnahme eingehalten werden.

Auch der ebenfalls bei Fettstoffwechselstörungen eingesetzte Gallensäurenkomplexbildner Colesevelam darf erst mindestens vier Stunden nach der L-Thyroxin-Einnahme eingenommen werden. Sojahaltige Produkte einschließlich sojahaltiger Säuglingsnahrung sowie Kaffee und Milch stören ebenfalls die L-Thyroxin-Resorption aus dem Darm.

"Milchkaffee kann man hier als ‚Duo infernale‘ bezeichnen", so Janßen in dem Report. Nicht umsonst wird daher empfohlen, dass Patienten nach der morgendlichen Einnahme von L-Thyroxin mindestens eine halbe Stunde nüchtern bleiben sollen – das schließt auch den Morgenkaffee mit ein. (otc)

Auf weitere Interaktionen etwa mit Cumarinen, Salicylaten, Antidiabetika, östrogenhaltigen Antikontrazeptiva, Antiepileptika, etc. wird im Schwerpunktthema der Ausgabe 2/2016 des "THY - der aktuelle Schilddrüsen-Report" eingegangen.

Mehr zum Thema

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Porträts: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Portraits: [M] Feldkamp; Luster | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Die Schilddrüse tickt in jedem Lebensalter anders

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main
Abb. 1: Studie DECLARE-TIMI 58: primärer Endpunkt „kardiovaskulärer Tod oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz“ in der Gesamtkohorte

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [4]

Diabetes mellitus Typ 2

Diabetes mellitus Typ 2 Präventiv statt reaktiv: Bei Typ-2-Diabetes mit Risikokonstellation Folgeerkrankungen verhindern

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Porträt: Dr. Jörg Sandmann | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

© Porträt: Dr. Jörg Sandmann | Hirn: grandeduc / stock.adobe.com

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Der hypogonadale Patient in der Hausarztpraxis

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Besins Healthcare Germany GmbH, Berlin
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Einsatz für Schmerzlinderung

Landgericht Hamburg klärt PKV-Leistungspflicht für Cannabis

Lesetipps
Eine Ärztin hört während einer medizinischen Konsultation in ihrer Praxis die Lunge einer Patientin ab.

© AntonioDiaz / stock.adobe.com

In der Niederlassung

Körperliche Untersuchung vor einem Ultraschall – sinnvoll oder nicht?