Interview

Wie feinblasiger Schaum Varizen verschwinden lässt

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Wie feinblasiger Schaum Varizen verschwinden lässt

© Dr. Franz X. Breu

Die Schaumsklerosierung von Varizen hat sich in vielen Fällen mittelfristig als ebenso wirksam wie die klassische Operation erwiesen. Der Phlebologe Dr. Franz Xaver Breu aus Rottach-Egern rät jungen Patienten eher zur Op, älteren dagegen eher zur Sklerosierung mit Polidocanolschaum.

Ärzte Zeitung: Herr Dr. Breu, wie funktioniert die Varizensklerosierung mit Polidocanolschaum?

Dr. Franz X. Breu: Unter Ultraschallkontrolle wird ein feinblasiger Schaum des Sklerosierungsmittels, der zuvor mit Raumluft oder einem Gas hergestellt wird, in die Vene injiziert. Der Polidocanolschaum verdrängt das Blut in der zu sklerosierenden Vene, verklebt die Innenwände und zerstört letztlich die Gefäßwandstrukturen der Krampfader. Diese vernarbt dann. Nach der Behandlung wird ein Kompressionsverband angelegt. Der Schaum wird vom Körper allmählich abgebaut.

Ärzte Zeitung: Wo liegen die Vor- und Nachteile der Methode der Schaumsklerosierung im Vergleich zu anderen Verfahren?

Breu: Der Goldstandard ist nach wie vor die klassische Varizenoperation. Bei der Schaumsklerosierung wird die Vene dagegen nicht entfernt, sondern nur ausgeschaltet. Man braucht keine Narkose, es sind weniger Sterilitätskautelen zu beachten, und die Behandlungszeit ist mit etwa zwanzig Minuten kurz. Der Patient ist sofort wieder arbeitsfähig. Schmerzen und andere Nebenwirkungen treten kaum auf, und die Schaumsklerosierung ist im Vergleich aller Methoden zur Varizenbehandlung am kostengünstigsten.

Dr. Franz Xaver Breu

Aktuelle Tätigkeit: Dr. Franz Xaver Breu arbeitet als niedergelassener Allgemeinmediziner und Phlebologe in Rottach-Egern (Weißach) am Tegernsee.

Engagement: Breu ist Generalsekretär des Berufsverbandes der deutschen Phlebologen (BVP) und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats in der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP). In der DGP leitet er die Arbeitsgemeinschaft Sklerotherapie. Er hat unter anderem verschiedene Standard werke zu angiologischen und phlebologischen Themen als Koautor mit verfasst.

Ärzte Zeitung: Sind Komplikationen möglich?

Breu: Es können in weniger als einem Prozent der Fälle tiefe Venenthrombosen entstehen. Sehr selten sind auch vorübergehende zentralnervöse Effekte wie Sehstörungen oder auch passagere Nervenausfälle beobachtet worden.

Ärzte Zeitung: Der Schaum kann also durchaus ins tiefe Venensystem gelangen und über gewisse Strecken transportiert werden?

Breu: Ja, die Eiweißbindung an die Blutbestandteile ist allerdings so hoch, dass die sklerosierende Wirkung des Schaums innerhalb von Sekunden ausgelöscht wird. Der Schaum hat damit im tiefen Venensystem keine Wirkung mehr und kann dort keinen Schaden anrichten, sondern lediglich an der Injektionsstelle, also im Bereich der zu sklerosierenden erkrankten Vene.

Ärzte Zeitung: Wie sind die Sehstörungen zu erklären?

Breu: Womöglich sind Vasospasmen dafür verantwortlich zu machen. Bei Migräne-Patienten kann die Behandlung vermutlich deshalb auch eine Kopfschmerzattacke auslösen. Insgesamt sind Sehstörungen in der täg lichen Routine wirklich selten. Treten sie auf, braucht man den Patienten nur beruhigen, nach zehn Minuten ist das vorbei.

Ärzte Zeitung: Was müssen die Patienten noch wissen?

Breu: Die Behandlung ist womöglich nicht mit einer Sitzung beendet, manchmal sind zwei oder drei Termine erforderlich. Denn pro Sitzung sollen aus Sicherheitsgründen nur maximal 10 ml Volumen Schaum pro Tag appliziert werden, so der Konsens einer europäischen Fachgruppe im Jahre 2006. Die Sitzungen können an aufeinander folgenden Tagen erfolgen. Hinzu kommen Kontrollen nach sechs Wochen und einem Jahr, gegebenenfalls mit Nachsklerosierungen.

Ärzte Zeitung: Eine britische Vergleichsstudie hat im vergangenen Jahr gleichwertige Ergebnisse der Schaumsklerosierung und der chirurgischen Therapie ergeben...

Breu: Insgesamt sind die Resultate zumindest mittelfristig gleichwertig. Nach meiner inzwischen über zehnjährigen Erfahrung mit der Skleroschaumtherapie muss ich sagen, dass bei bis zu 15 Prozent Rekanalisationen der verödeten Venen vorkommen. Die wirklichen langfristigen Ergebnisse der Sklerosierung kennen wir noch nicht. Patienten unter 50 Jahren würde ich daher eher zur Operation raten, weil wir dort die Langzeitresultate besser kennen, ab 60 Jahre empfehle ich eher die Schaumsklerosierung.

Interview: Dr. Thomas Meißner, Erfurt

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