Kommentar
Zahlenspiele zur Schweinegrippe
Seit am 24. April zum ersten Mal das neue Influenza-Virus A/H1N1 identifiziert wurde, gibt es täglich neue Zahlen zur Schweinegrippe - auch Neue Grippe oder Mexikanische Grippe genannt. Die Zahlen sind widersprüchlich und wirken zum Teil bedrohlich: Mal sollen 100 000 Menschen weltweit infiziert sein, mal zählen die Infizierten allein in den USA nach Millionen. Oft herrscht tagelang eine gewisse Ruhe, dann wieder scheinen die Infektionen explosionsartig zuzunehmen. Was bedeutet das alles? Wie groß ist die Gefahr?
Statistiken sind so gut wie die meldenden Behörden
Grund für die schwankenden Zahlen ist das Meldeverhalten der Labore und Behörden. Oft melden sie gesicherte Infektionen in Intervallen von drei bis vier Tagen. Und dann gibt es auch noch das Wochenend-Bias: Nicht wenige Behörden haben schlicht ab Freitagmittag geschlossen. Und so wird eben tagelang nichts gemeldet - und dann alles auf einmal.
Außerdem sind die gemeldeten Infektionen wirklich nur die Spitze des Eisbergs - das ist inzwischen sicher. In vielen Ländern bekommen nur noch Patienten mit schweren Symptomen eine spezifische molekularbiologische Diagnostik. Aus Untersuchungen bei Kontaktpersonen von Infizierten weiß man aber, dass Schweinegrippe sehr mild und ohne typische schwere Grippesymptome verlaufen kann. Deshalb werden Schätzungen, wonach Millionen infiziert sind, sehr wohl stimmen.
Überwachung und Kontrollen statt Hysterie
Doch auch das ist nicht bedrohlich. Denn gemessen an der saisonalen Influenza ist die Sterberate noch immer gering. Das wirkliche Problem liegt in dem nicht abschätzbaren Mutationsverhalten der Viren - das allerdings gilt auch für "normale" Grippeviren. Molekularbiologische Diagnostik ist also wichtig, um Veränderungen gegebenenfalls früh zu erkennen.
Es bleibt der zweifache Trost in diesen Zeiten der Schweinegrippe: Die spezifischen Medikamente wirken - trotz vereinzelter Resistenzen - immer noch gut. Und zum Herbst sollen Impfstoffe verfügbar sein.